REMA (Réseau Européen de Musique Ancienne der Europäisches Netzwerk für Alte Musik) wurde 2000 im französischen Ambronay gegründet und ist seitdem auch in Versailles präsent. Heute besteht REMA aus 78 Mitgliedsorganisationen in 20 europäischen Ländern; seine Stärken liegen im Ausrichten von Konferenzen (mehrmals im Jahr) und der Unterstützung des Rundfunks mit einer gut ausgestatteten Videothek, einem regelmäßigen Newsletter sowie einem Onlineradiosender mit hochwertigem Programm. Seit 2013 veranstaltet REMA zudem Europäische Tage der Alten Musik, der am 21. März dieses Jahres – Frühlingsanfang und Geburtstag von Johann Sebastian Bach – zum fünften Mal stattfinden wird. Im Rahmen dieses wichtigen Tages wurden ganze 80 Veranstaltungen angekündigt, 20 davon in Frankreich. Die Teilnahme steht jedem Ensemble offen, Mitglied des Netzwerkes oder nicht. Dutzende dieser Konferenzen, Workshops und Konzerte werden am 21. März live im Netz auf remaradio.eu sowie auf Bachtrack übertragen.
Im Zentrum des Projektes steht der Wunsch, europäisches Erbe zu entdecken. Für Daniel Bizeray, REMA-Sekretär und Direktor des regionalen Kulturzentrums Ambronay, ist ein essentieller Bestandteil der Prozess, Musik an ein breiteres Publikum heranzutragen: „Die Mehrzahl unserer Initiativen wurden durch die Unterstützung von Creative Europe ermöglicht, was es uns erlaubt hat, aus einem geschlossenen Dialog auszubrechen, der zwar fruchtbar war, aber für den Rest der Welt kaum sichtbar.“ Ambronay bleibt die geistige Heimat des Netzwerkes, da REMA dort als Ergebnis eines Treffens im Rahmen des jährlichen Festivals entstand, einem Treffen, das Bizeray noch gut in Erinnerung ist, da er von Alain Brunet, dem heutigen Ehrenpräsidenten sowohl von REMA als auch dem Kulturzentrum, als Moderator gewählt wurde.
Aus diesem Wunsch verschiedener Organisationen, sich zu treffen und Repertoire auszutauschen, kann sich REMA nun bedeutender Präsenz in anderen europäischen Zentren rühmen, so zum Beispiel in Basel, wo im März 2017 die Early Music Awards stattfinden werden. Sie ehren Künstler und Projekte, die zum Ruf Alter Musik beigetragen haben. Zu den aktuellen Preisträgern zählen das Projekt Earlymusicsources.com und Benjamin Bagby, die ihre Auszeichnung am 17. März erhalten. Ein weiteres Zentrum ist Prag, zuletzt Gastgeber von Showcase, einer Biennale, die jungen Talenten die Gelegenheit bietet, von Veranstaltern gesehen zu werden. Sie findet in diesem Jahr parallel zu einer Konferenz und Generalversammlung in Den Haag statt. Große Institutionen wie die Philharmonie Paris und das Concertgebouw in Brügge zählen auch zu den REMA-Unterstützern, was den Grundstein für eine vielversprechende Zukunft des Projektes außerhalb der üblichen Spielstätten legt, und auch die Zahl der Veranstaltungen im Rahmen des Europäischen Tages für Alte Musik weist bereits einen bedeutenden Anstieg zu vorherigen Jahren auf.
Bizeray zufolge zeigt die Veranstaltung in diesem Jahr „die große Spannweite von kleinen zu großangelegten Veranstaltungen, von kostenlosen zu bezahlen Programmen, von musikwissenschaftlich Anspruchsvollem zu bekanntestem Repertoire, alles auf einem ausgezeichneten Niveau“. Es wird auch wichtige Konzerte in Kopenhagen zu Ehren Monteverdis geben, die üblichen Feierlichkeiten in Köln anlässlich Bachs Geburtstag, Veranstaltungen für Bach und Händel in New York, die Festa Vivaldiana des Ghilieri Chors und Consortiums am Auditorium de Lyon am 19. und dann am 21. März in Pavia zur Eröffnung ihres Festivals. Dazu kommt das (kostenlose) Impromptu-Konzert des jungen Ensembles Nexus Barock in Ambronay am 21. März, Concerto Soaves Wiederentdeckung von Luzzaschi, Peri, Caccini und D’India in Marseille im Rahmen des Wettbewerbs des Mars en Baroque-Festivals, oder das außergewöhnliche Programm von Lux Musicae London, gewidmet der Renaissance und dem Frühbarock.
Die schiere Masse der Ensembles und Veranstaltungen spricht für die Vielfalt des Repertoires, über die Jahrhunderte hinweg und quer durch Europa. Von den mittelalterlichen Gesängen Hildegard von Bingens über die frankoflämische Vokalpolyphonie zu Bachs Goldberg-Variationen und der Geburt der Oper unter der Feder Monteverdis zu Beginn des 17. Jahrhunderts haben sich Sprache und Gattungen der Musik unter dem Einfluss zunehmend intensiven Austausches der vielseitigen europäischen Musiktraditionen entwickelt. Alte Musik ist eine unerschöpfliche Entdeckungsquelle und die Verantwortung, sie zu erforschen, liegt bei den jungen Künstlern, die REMA unterstützt.
Guilio Prandi, Direktor von Ghislierimusica in Pavia, spielt eine Schlüsselrolle in dem wachsenden Projekt, dessen Mission es ist, neue Ensembles bei dem Schritt in die professionelle Szene zu unterstützen. Für Prandi „muss die Förderung von Projekten für junge Künstler Priorität haben“. Heute mag es scheinen, dass die Förderung von Ästhetik und die philologische Aufmerksamkeit für Partituren dank der Arbeit der „Pioniere“ eine akzeptierte Tatsache ist. Das aber birgt dennoch die Gefahr, das objektive Ziel zu vergessen: den „Impuls zu forschen und zu experimentieren, und besonders die Idee, dass wir noch lange nicht alles wissen, dass in jedem Musiker und jedem Werk ein Geheimnis liegt, das wir enthüllen müssen“. Daher stammen die Brücken, die sein Festival Barocco è il mondo zwischen barocker und zeitgenössischer Musik sowie zwischen Konzerten und anderen Veranstaltungsformen baut. Diese Ansicht teilt auch Daniel Bizeray, der die Schnittpunkte zwischen verschiedenen Gattungen als höchst fruchtbar betrachtet. In Verbindung mit der Arbeit an Partituren, besonders aus dem Mittelalter, bleibt REMAs zentrales Ziel die „Bereicherung durch Reibung und gegenseitige Befruchtung“. Ein ausgezeichnetes Vorhaben!
Dieser Artikel entstand im Auftrag von REMA.
Übertragung ins Deutsche von Hedy Mühleck.