Der Themenschwerpunkt im Oktober befasst sich mit der Welt der internationalen Wettbewerbe, betrachtet durch die Augen einiger Finalisten der größten Wettbewerbe weltweit. Wir beginnen unsere Serie mit Joseph Calleja, Gewinner des Operalia CulturArte-Preises 1999.

Warum haben Sie sich entschlossen, bei Operalia anzutreten? Wie viel internationale Erfahrung hatten Sie zu dieser Zeit?

Als ich mich zum ersten Mal anmeldete, war ich 19 Jahre alt und wurde angenommen, um in Hamburg anzutreten. Ich habe die ersten paar Runden geschafft, zog mir dann aber eine Lungeninfektion zu und wurde sehr krank. Plácido rief mich persönlich an, um mir zu sagen, dass ich im Finale stünde, wenn ich nicht krank geworden wäre, und bat mich, es 1999 bei Operalia in Puerto Rico noch einmal zu versuchen, wo ich Preisträger wurde. Meine Erfahrung in diesem Alter beschränkte sich auf meine Debütauftritte als Macduff (Verdis Macbeth) und Leicester (Donizettis Maria Stuarda).

Während manche Sänger in Wettbewerben aufblühen, finden andere sie furchterregend. Wie sah Ihre Erfahrung bei Operalia aus? Ähnelte sie Ihren Erlebnissen bei anderen Wettbewerben?

Sie sind wichtig, um von wichtigen Leuten bemerkt zu werden. Ich habe an den Wettbewerben teilgenommen, als ich sehr jung war; ich war 21, als ich in meinem letzten Wettbewerb sang, den Premio Caruso in Milan. Ich erinnere mich daran, dass ich verständlicherweise nervös war, mich aber nicht vor Wettbewerben gefürchtet habe.

Welches Stück haben Sie sich für das Finale ausgesucht? Warum haben Sie dieses Repertoire gewählt?

Es war mein Lehrer, Paul Asciak, der „Che gelida manina“ ausgesucht hat. Er dachte, dass dieses Stück die Lyrik (und das Potential) einer jungen Tenorstimme schön zeigt.

Zur Operalia-Jury zählen berühmterweise Casting-Agenten aus Top-Opernhäusern. Haben Sie als direktes Resultat Ihrer Teilnahme an Operalia Angebote bekommen?

Sicherlich. Es war ein sehr wichtiger Schritt in meiner Karriere und hat geholfen, mich bekannt zu machen.

Welche Erinnerungen haben Sie an die Arbeit mit Domingo?

Ich kenne Plácido, seit ich 19 war, und ich hatte das Privileg, mehrere Male sowohl für Opern als auch Konzerte zusammenzuarbeiten. Er ist ein charismatischer Künstler mit einer Evergreen-Stimme, der der Welt gezeigt hat, dass Peter Pan nicht Fiktion, sondern Wirklichkeit ist. Meine schönste Erinnerung mit ihm ist die an eine Leseprobe, gehalten von Jimmy Levine, nach einer Boccanegra-Probe an der Metropolitan Opera. Mir wurde plötzlich bewusst, dass sich in diesem Raum drei legendäre Operngiganten befanden: Levine, Furlanetto und natürlich Domingo, und ich assistierte wahrscheinlich einer von Jimmys letzten Arbeitssitzungen zu einer Oper, die er dirigierte.

Welches war die größte Entwicklung als Sänger, bei der Operalia Ihnen geholfen hat?

Ich glaube, dass die Entwicklung ganz am Sänger und den Entscheidungen liegt, die er für seine Karriere trifft. Was Operalia einem jungen Künstler wirklich gibt ist die dringend erforderliche Publicity.

Wenn Sie heute bei Operalia antreten würden, was würden Sie singen?

Wahrscheinlich das gleiche Repertoire wie damals.

 

Aus dem Englischen übertragen von Hedy Mühleck.