Als Moderator der schwedischen Filmkritik-Sendung in den 1990er und 2000er, war Orvar Säfström einem großen Publikum im Land bekannt. Er wurde regelmäßig eingeladen, Konzerte von Filmmusik zu präsentieren, welche auf ihn wirkten, als würden die Orchester Jahr für Jahr das gleiche Material verwenden. Schließlich wurde er 2006 vom Malmö Symphony Orchestra gebeten, sein eigenes Konzert zusammenzustellen. Er griff die Idee eines Konzertes in Los Angeles, „Dear Friends” auf, von dem er kurz davor gehört hatte und schlug vor, ein Konzert mit Videospielmusik zu veranstalten. Im Sommer spielte das Orchester sein erstes Konzertes mit symphonischer Videospielmusik für ein 20,000-köpfiges Publikum in Malmö. Orvars Firma, Underscore Productions, ist mittlerweile 11 Jahre alt und arbeitet mit Orchestern in ganz Skandinavien. Auch außerhalb dieser Region führt er mit einigen Orchestern Gespräche. Bachtrack hat ihn getroffen...
AK: Was sind die besten Verkaufsargumente für Ihre Konzerte?
OS: Wir verkaufen ein Gesamtpaket an ein professionelles Orchester (entweder für große oder kleine Besetzung). Es inkludiert alles von Partituren bis zu Aufführungsrechten und -lizenzen, Illustrationen und Presseaussendungen. Für die tatsächliche Produktion stellen wir einen Produzenten vor Ort für die Proben zur Verfügung, wir übernehmen die Pressearbeit und üblicherweise bin ich der Gastgeber der Konzerte. Wir bringen bewährte Konzepte und wissen bestens über das Publikum Bescheid. Abgesehen von unserem beliebten Spielmusikkonzert Score, gestalten wir auch Produktionen, die auf einem speziellen Thema basieren, anstatt auf einem Medientyp. Ein Science Fiction liebendes Publikum wird zum Beispiel offen sein für Musik aus allen Bereichen dieses Genres. Ein SciFi Film und eine SciFi Fernsehserien haben offensichtlich mehr gemeinsam als zwei Filme wie Schindlers Liste und Predator.
Wir verwenden keine Videoprojektionen wie andere Veranstalter, und gerade zu Beginn ist das Orchester oftmals besorgt, dass das Publikum eigentlich ein Spektakel erwartet. Wir haben allerdings herausgefunden, dass die Zuhörer am meisten wollen, dass ihre Musik ernst genommen wird.
Konzerte wie diese sind dazu gedacht, ein neues Publikum anzulocken. Ein anderer üblicher Weg ist es, einen beliebten Sänger aus der Popmusik einzuladen. Wenn ein Orchester einen bekannten Sänger einlädt, hat man ein volles Haus, aber dabei werden die Musiker zu einer Backing-Band. Mit uns wird das Orchester zum Star. Tatsächlich hat mir bei einem Norrlands Orchestra Konzert ein älteres Orchestermitglied erzählt: „Ich spiele seit 40 Jahren Orchestermusik und das ist das erste Mal, dass ich mich ein Rockstar fühle!” Wir versuchen, dass das Orchester unsere Konzerte in ihre „gewöhnliche” Konzertreihe einfügt, sodass ein Teil ihres Stammpublikums kommt, aber auch neue Zuhörer. Diese Überschneidung ist genauso wichtig, wie dass das Orchester ein neues Publikum anzieht. Wir kümmern uns um alle, indem wir den Stammgästen erklären, was sie erwartet und die neuen Zuhörer über die Gepflogenheiten eines Konzertes informieren.
Wieso bezeichnen Sie sich als Produzenten? Sicherlich wurde die Musik, die sie spielen, bereits komponiert?
Zunächst einmal betrachte ich mich selbst als Konzertproduzenten. Aber wenn wir über Musik sprechen, abgesehen von John Williams Musik, dessen Partituren wir ausleihen können und die großartig sind, finden wir, dass viele Leihpartituren von Film- und Fernsehmusik genau genommen Müll sind und wir besser daran sind, unsere eigene Suiten mit unseren Arrangeuren zusammenzustellen. Wir arbeiten auch oft mit dem eigentlichen Komponisten zusammen. Und wenn wir erst kürzlich erschienene Musik verwenden, müssen wir es neu orchestrieren, da sie für Aufnahmen im Tonstudio mit aufwändiger Nachbearbeitung geschrieben wurde. Es würde merkwürdig klingen, wenn wir die Originalmusik live spielten. Für unsere Videospielmusikkonzerte müssen wir auch ältere elektronische Werke zunächst für Orchester umschreiben.
Können Sie uns ein ein Vorher-Nachher-Beispiel einer Ihrer Produktionen zeigen?
The Legend of Zelda - „Dungeon Theme”
Das Original ist eine einfache Melodie, ungefähr 20 Sekunden lang. Hier ist das gleiche Thema in unserer Orchestrierung:
In unserer Suite startet das fast dreiminütige Thema mit Klavier und steigert sich zu einem voll-orchestralen Thema.
Mischen Sie auch klassische Musik in Ihre Konzerte?
Unsere Konzerte sprechen tausende Leute an, die sich kulturell ausgehungert fühlen. Sie fühlen sich fremd in den schöneren Künsten. Natürlich ist es immer verlockend ein paar Stücke von Wagner oder Holst hineinzuschummeln. Aber man sollte nie jemandem klassische Musik aufzwingen. Stattdessen sollte man die Konzerte als ausgestreckte Hand sehen. Lade Zuhörer ein, biete ihnen einen fantastischen Abend, an dem ihre Lieblingsmusik so ernst wie die von Mahler oder Bruckner genommen wird, und sie werden dich dafür lieben. Dann werden sie vielleicht mit ihrer neu entfachten Faszination für das Orchester das Klassische freiwillig entdecken. Oder auch nicht. Es bleibt ihnen überlassen, so wie es sein sollte.
Und vielleicht am Montag in der Arbeit, wenn jeder darüber diskutiert, ob Orchester-Finanzierungen gestrichen werden sollten, da es nur für eine Minderheit Unterhaltung ist, wird sich jemand, der eines unserer Konzerte besucht hatte, für das Orchester einsetzen und sagen: „Nein, wir waren erst neulich bei einem großartigen Orchesterkonzert.” Wenn ihre Steuern das Orchester mitfinanzieren, dann meine ich, sollten sie auch einen Abend mit ihrer Musik bekommen, denn wenn Orchester nicht ein größeres Publikum erreichen, werden sie bald aussterben.
Sie sind also immer auf der Suche nach gut bekannten Spielen, deren Musik sie einbauen können?
Nein, nicht wirklich. Sogar wenn das Spiel wirklich beliebt ist – wenn die Musik schlecht ist, spielen wir sie nicht. Die Musik muss für sich alleine stehen.
Welche Produktionen haben Sie bereits gemacht und was kommt als Nächstes?
Ich habe „Score” gemacht, das ist Musik von Videospielen, „We Come In Peace”, Musik aus Science Fiction (auch Also Sprach Zarathustra von 2001: Odyssee im Weltraum), „Sagas”, Musik aus Fantasy (mit Carmina Burana), „Defcon”, Musik von Videospielen für Blas- oder Militärorchester, und „The Horror” – Horrormusik aus Film und Fernsehen.
Ihr neuestes Projekt ist also „The Horror” mit dem Royal Stockholm Philharmonic. Beinhaltet das Konzert auch Psycho?
Nein, wird es nicht. Es ist großartig, aber es wurde bei so vielen Filmkonzerten bereits zu Tode gespielt. Wir gehen so weit, dass Sie ausflippen. Der älteste Film, den wir verwenden ist Rosemaries Baby, aber wir verwenden auch Musik aus dem oft verbotenen Film Nackt und zerfleischt, Musik aus Der Exorzist, The Descent – Abgrund des Grauens, Hellraiser – Das Tor zur Hölle (von Christopher Youn), Shining, Krzysztof Pendereckis De Natura sonoris und viele mehr.
Was ist das durchschnittliche Alter Ihrer Zuhörer, und wie sehr kennen sie bereits ihre Musik?
Ich würde sagen, unser Stammpublikum ist etwa 25-45, vielleicht 2/3 männlich und 1/3 weiblich. Sie sind sehr vertraut mit der Musik und es kann schon etwas einschüchternd für die Musiker sein, wenn sie realisieren, dass das Publikum die Musik besser kennt als das Orchester. Viele Zuhörer sammeln und importieren CDs von Spielmusik und bestellen sogar Partituren aus Japan.
Ihrer Erfahrung nach, kann die Liebe zur Videospielmusik dazu führen, dass Teenager Komponisten werden?
Ich treffe heutzutage häufig junge Komponisten und Arrangeure, die durch Spielmusik erstmalig zur Orchestermusik kamen. Was mich allerdings traurig macht ist, wenn Lehrer an Musikkonservatorien sie dazu bringen, sich für ihre Leidenschaft zu schämen. Ich hoffe, mit der Zeit wird sich diese Einstellung geben. Wir sollten Dinge spielen, die gut gemacht und aufregend sind, die die Leute glücklich machen. Wir sprechen darüber, den Soundtrack vieler Leute zu spielen. Wie kann das etwas Schlechtes sein?
Aus dem Englischen übertragen von Elisabeth Schwarz.