Das erste Symphoniekonzert des neuen Jahres bestritt das Gürzenich-Orchester in der Kölner Philharmonie ganz ohne Solisten; unter der Leitung von Hartmut Haenchen standen zwei Symphonien auf dem Programm: mit Schuberts heiterer, klassischer Fünfter und Schostakowitschs freierer, düsterer Achter Symphonie zeigten die Musiker beleuchteten die Musiker die Vielfalt dieser Gattung.
Schuberts B-Dur-Symphonie lässt sofort an die mit Leichtigkeit durchzogenen Symphonien von Mozart oder Haydn denken, ist sie doch ganz dem Mozart'schen Stil nachempfunden. Entsprechend luftig und locker, aber in einem gezügeltem Tempo waren die Themen in den Geigen zu hören, wobei die Konzertmeisterin ihre Registerkollegen klanglich in den Hintergrund zu drängen schien. Die Flöte nahmen die Themen breiter und getragener auf, und mit behutsam ausklingenden Begleitmotiven rundeten die Bässe die Melodien und hervorstechenden Akzente der Geigen und Flöte ab. Schön zu verfolgen waren die Melodien, die transparent stufenweise im Decrescendo mehrmals durch die Streichergruppen wanderten und wie ein gleichmäßig fallender Vorhang wirkten. Im Wechselspiel zwischen Geigen und Celli jedoch, in denen Themen zwischen den beiden hin und her geworfen werden, konnten die Celli der Intensität der Geigen nicht mehr Stand halten, wodurch sich oft ein Ungleichgewicht im Orchesterklang ergab.
So klein der dynamische und artikulatorische Rahmen bei Schubert gehalten wurde, um so breiter wurde dieser bei Schostakowitsch gestaltet. Schostakowitschs c-Moll-Symphonie, die „den Schrecken des Lebens eines Intellektuellen in der damaligen Zeit“ spiegelt, zeichnet sich durch extreme stilistische und emotionale Wechsel aus, in denen die dunklen Seiten überwiegen. Die Geigen, die vor der Pause bei Schubert noch weich erklangen, wechseln bei Schostakowitsch in einen oft sehr groben, rauen Klangcharakter. Aus dem ersten großen schrillen Aufschrei der Symphonie aber erwuchs das Tremolo der Streicher außerordentlich leise, kaum wahrnehmbare, und bildete mit seiner Gleichmäßigkeit einen ebenen Untergrund für das diffuse Solo des Englischhorn. Als stabiles Fundament fungierten auch die Kontrabässe in der Passacaglia im vierten Satz. Mit großer Beständigkeit, ohne sich in den Vordergrund drängen zu wollen, wurde die orientierungslose Melodie begleitet.
Die repetitiv monotone Zahnradbewegung des dritten Satzes wurde von den Bratschen zu Beginn sehr mechanisch und akkurat vorgetragen. Im Laufe des Satzes ging die Brisanz und anfängliche Präzision des eingängigen Themas, welches in anderen Streichergruppen wiederkehrte, jedoch verloren und wich einem zunehmend melodiösen Charakter. Teils der Komposition entsprechend, teils sich von ihr abhebend, ließen Phrasierungen und Artikulationen eine Melodieentwicklung nicht zu, sondern ließen vielmehr die Phrasen individuell nebeneinanderstehend wirken. Die Soli der Stimmführer spannten den Interpretationsbogen noch weiter, von der losgelösten Passage der Konzertmeisterin bis hin zum gefühlsbetonten Solo-Cello, bevor das ruhig pochenden Ende seine spannungsgeladene Atmosphäre verbreitete.
Ich hätte mir generell mehr Blick auf eine ausgewogenere Dynamik und Balance der Register und größere Präzision im Zusammenspiel gewünscht, wodurch die charakteristischen Elemente der beiden Symphonien noch stärker zur Geltung gekommen wären. Es war dennoch ein spannender Abend, der neben der Vielfältigkeit und Entwicklung der Gattung Symphonie auch die Flexibilität und Feinfühligkeit der Musiker für die so unterschiedlichen Werke zeigte.