Barockarien und Kammermusik der Spätrenaissance in feudaler Kulisse des Schlossparks – „Klang trifft Kulisse“ – so verspricht es das Grafenegg Festival. Und tatsächlich, wenn man vor dem Konzert durch den gepflegten und weitläufigen Park des Grafenegger Schlosses flaniert, um sich auf das Konzert einzustimmen, kann man sich kaum ein eleganteres Vorspiel für diese Matinee vorstellen.

Joyce DiDonato
© Simon Pauly

Das 2012 gegründete italienische Ensemble Il pomo d'Oro (benannt nach der gleichnamigen Oper von Antonio Cesti) hat sich der historisch informierten Aufführungspraxis verschrieben und spezialisiert sich auf Barockmusik. Ihr Chefdirigent Maxim Emelyanychev führte auch bei diesem Konzert sein Orchester an und saß zugleich am Cembalo. Neben zahlreichen CD-Einspielungen und internationalen Auftritten, spielen Il pomo d'Oro immer wieder mit den bekanntesten und profiliertesten Opern*sängerinnen. So auch bei diesem Matineekonzert in Grafenegg, bei dem sie nicht nur eine begleitende Funktion für Joyce DiDonato innehatten, sondern auch Instrumentalmusik aus bekannten und weniger bekannten Barockopern aufführten.

Die Mezzosopranistin Joyce DiDonato bedarf kaum einer Vorstellung, zählt sie doch zu den renommiertesten Opernsänger*innen mit einer beeindruckenden Karriere – nicht nur im Barockrepertoire, sondern auch als Sängerin in diversen Rollen der Werke von beispielsweise Mozart und Rossini hat sie sich lang etabliert. Und selbst das Lied hat sie sich zu eigen gemacht, was sie in der kürzlich erschienenen Aufnahme von Schuberts Winterreise bewies.

Nun reist sie mit dem Barockorchester und ihrem Programm My Favourite Things durch Europa. Bei ihren Stationen in Österreich weckt dies sofort Assoziationen mit The Sound of Music, aber weit gefehlt, denn statt „Schnitzel with Noodles“ setzt das Programm auf einen intelligent gespannten Bogen von frühen bis späten Barockwerken mit besonders eindringlicher Intensität und Ausdruckstiefe.

Das Programm des Konzerts begann mit Gli Antichi, Werken des Frühbarock von bekannten Komponisten wie Monteverdi und Cesti und weniger bekannten wie Tarquinio Merula und Giovanni Battista Buonamente, deren Stücke bis in die späte Renaissance hineinreichen. Die feinsinnig angelegte Dramaturgie wechselte zwischen Opernarien und Instrumentalmusik für kleines Ensemble, die für diverse Festlichkeiten an den italienischen Fürstenhöfen komponiert wurden. In diesem Konzert wurden sie als Einleitung für DiDonatos Arien genutzt.

Mit Penelopes Arie „Illustratevi, o cieli” aus Il ritorno d’Ulisse in patria eröffnete Joyce DiDonato ihren Gesang mit einer unter die Haut gehenden, gefühlvollen Interpretation und bewies sogleich, dass sie nicht nur koloraturreiche da Capo-Arien meistert, sondern auch sanftere Zwischentöne anstimmen kann. „Addio Roma, addio patria” aus Monteverdis Poppea begann ganz zart mit gehauchten Seufzern, einem zurückhaltenden Orchester von nur 8 Musiker*innen und entlud sich als kraftvoll anklagendes Lamento. Krönender Abschluss des ersten Teils war John Dowlands Come again! Sweet love doth now invite, das von DiDonato mit charmanter Leichtigkeit interpretiert wurde, aber dennoch nicht ohne tränenschönen und zutiefst berührenden Nachklang war.

Der zweite Teil, I Moderni, setzte sich mit später Barockmusik, wie sie von Händel, Hasse und Rameau komponiert wurde, auseinander. Die Zahl der Orchestermusiker*innen wurde mehr als verdoppelt, es kamen weitere Streicher und auch Traversflöte und Fagott hinzu.

Nun wurde mit koloraturreichen Arien, straffen Tempi und waghalsigen Melodien aufgewartet, die eine absolut virtuose Ausführung voraussetzen. Cleopatras Arie „Morte col fiero aspetto” aus Johann Adolph Hasses Oper Marc’Antonio e Cleopatra war hier beispielhaft und DiDonato bewies mühelos, was sie zu einer der gefragtesten Mezzosopranistinnen und Barockinterpretinnen macht. Das Orchester war ihr absolut ebenbürtig und agierte durchweg mit elektrisierender Präzision und Spielfreude.

Joyce DiDonato und ihr Barockensemble Il pomo d'Oro touren noch für ein paar Wochen mit My Favourite Things durch Europa und wer kann, sollte sich dieses einzigartige Barockprogramm nicht entgehen lassen.

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