Mit einer pandemiebedingten Begründung – verschärfte Abstands- und Quarantäneregeln bei weiteren Stationen der Tournee wurden genannt – wurde das Programm des Konzerts des Gustav Mahler Jugendorchesters in der Salzburger Felsenreitschule kurzfristig komplett geändert. Statt Tristan-Vorspiel, Liebestod und König Markes Monolog gab es Siegfried-Idyll und Wesendonck-Lieder; Schostakowitschs Zehnte Symphonie wurde durch Beethovens Siebente ersetzt. Die Änderung im Wagner-Teil des Abends fiel dabei der Papierform nach nicht gröber ins Gewicht, aber Schostakowitsch durch Beethoven zu ersetzen, das wirkte doch in etwa so, als würde man Vodka bestellen und Marillenlikör bekommen. Nun servierten Orchester und Dirigent Manfred Honeck aber alle Zutaten des Abends mit so viel Euphorie, dass die Enttäuschung über die völlige Umstellung des Programms beinahe in Vergessenheit geriet.
Wagners Siegfried-Idyll bildete die ebenso zarte wie lyrische Einleitung des Abends, das Orchester schimmerte wie der Tau auf einer Bergwiese an einem lauen Spätsommermorgen und lullte das Publikum mit sanften Klangbildern regelrecht ein. Insbesondere die Fagotte und die Hörner sorgten dabei für sphärische Momente voll Zauber, während die Streicher meditative Ruhe verströmten. Die Wesendonck-Lieder in der Fassung für Kammerorchester von Hans Werner Henze gestaltete Matthias Goerne danach etwas unausgewogen: mal schwang sich die Stimme gar zu opernhaft ausladend auf – vor allem in Kombination mit dem auffallend zurückhaltend spielenden Orchester, in dem aber stets düstere Stimmung und sehnsuchtsvolles Schmachten flirrten – und mal wirkte die Interpretation zu zurückhaltend. Hinzu kam die nicht sonderlich saubere Diktion, durch die der Text nie seine volle Wirkung entfalten konnte. Goernes Bariton war dabei zwar stets ein Genuss für die Ohren, die Stimme besticht in Höhe und Tiefe mit Ebenmäßigkeit und sattem, warmem Timbre, aber seine Interpretation von Wagners zuweilen vor Todessehnsucht nur so triefenden Liedern kratzte emotional für meinen Geschmack doch nur an der Oberfläche.
Nach der Pause konnten Orchester und Dirigent schließlich voll aufdrehen und das Stimmungsbarometer im Publikum regelrecht in die Höhe schnellen lassen. Beethovens Siebente Symphonie bestach mit klug abgestufter Dynamik, die sich dadurch in jedem Satz bis hin zum Finale kontinuierlich steigern konnte und jugendlicher Frische, bei der man zuweilen sogar meinte, die Instrumente dank ihrer Klangfarben lächeln hören zu können. Honeck hielt die Musiker zu Beginn des Allegrettos zu einem beinahe unhörbaren Pianissimo an, das dank der Akustik der Felsenreitschule aber dennoch scheinbar ewig in der Luft zu schweben schien. Wie bereits in der ersten Konzerthälfte konnten auch hier insbesondere die Bläser mit exzellenten Leistungen auf sich aufmerksam machen; wie leichtfüßig tänzelnd sich die Flöte durch den ersten Satz bewegte, war etwa ganz großes musikalisches Kino. Der vierte Satz wurde schließlich regelrecht zelebriert, triumphierend und drängend galoppierte das Gustav Mahler Jugendorchester voran, angespornt von Manfred Honeck, der bei diesem kontrollierten Kontrollverlust vom Pult aus stets alle Zügel in der Hand behielt.