Nach dem kraftbetankten Rheingold wählt Frank Castorf für Die Walküre eine konventionellere Herangehensweise. Das schwarz-goldene Farbschema ist noch immer präsent mit einer Verbindung zu den aserbaidschanischen Ölfeldern von ihrer ersten Nutzung im 19. Jahrhundert über die Russische Revolution bis zu ihrer entscheidende Rolle an der Ostfront im Zweiten Weltkrieg. Parallel gefilmte Narrativen wurden stark reduziert und sind leichter zu ignorieren, wenn sie zur Ablenkung werden. Doch der zentrale Handlungsstrang wird geradlinig präsentiert in einer hochemotionalen Darstellung von Beziehungen in verschiedenen Stadien: die aufkeimende Liebe zwischen den Geschwistern Siegmund und Sieglinde, der katastrophale Zusammenbruch der Ehe von Wotan und Fricka und die Vater-Tochter-Beziehung von Wotan und Brünnhilde.

Der Humor ist jedoch noch immer nachweislich da, beispielsweise in einem Film von Wotan, der (vermutlich) die Kuchen verschlingende Mutter der Zwillinge verführt (sie sucht sich später den unpassendsten Moment aus, um in den Wotan-Fricka-Zwischenfall hineinzuplatzen), und einem Element, das, so wird einem bewusst, auch im Rheingold präsent war: kleine Andeutungen auf die nächste Episode im Zyklus. Zuvor war es Loge, der mit seinem Feuerzeug an der Tankstelle stand in Erwartung des Magischen Feuers; hier ist es Wotan, der Brünnhilde mit einem Bärenkostüm neckt wie Siegfried mit Mime, und der Wackelesel der Bohrinsel mit roten Lichtern als Augen und einer roten Revolutionsflagge in seinem „Maul“ gibt einen unverkennbaren Drachen in spe.

Abermals beeindruckt Aleksander Denićs Bühnenbild mit einer großen, hölzernen, scheunenähnlichen Struktur, überbaut von einem Bohrturm, der sich im Laufe des Abends herausbildet. Adriana Braga Peretzkis Kostüme bestechen ebenso mit ihrer exotischen Version eines zentralasiatischen Gewands für Fricka und die Walküren, das letztere im dritten Aufzug gegen Art Deco-Kostüme tauschen, um das Vergehen der Zeit zu verdeutlichen.

Es war wirklich schwer, bei der Besetzung dieser Vorstellung, abgesehen von dem kurzzeitigen Frosch im Hals von Christopher Ventris' sonst solidem Siegmund, einen Kritikpunkt zu finden. Heidi Melton, die nach einer späten Besetzungsänderung ihr Bayreuth-Debüt recht spontan machte, klang gelegentlich etwas stürmisch in den Höhen und gedrückt in einer Darbietung, die sonst ein sehr warmes und mitfühlendes Bild der Sieglinde zeichnete. Bei Sarah Connollys vollkommener Kunstfertigkeit wollte man sich im Streit mit Wotan sofort auf ihre Seite schlagen, und Georg Zeppenfeld gab Hunding in erstklassiger Form mit reichem vokalem Ausdruck und dunklen Timbre. Im Oktett der Walküren gab es kein schwaches Glied.

Der Wotan des schwedischen Bassbaritons John Lundgren war eine Offenbarung – eine der intensivsten und packendsten Darstellungen dieser Rolle, an die ich mich erinnern kann, gesungen mit höfischer Gewandtheit, Haltung und tiefem Verständnis. Wotans Lebwohl an Brünnhilde in der letzten Szene hat selten mehr zu Tränen gerührt. Brünnhilde selbst, die britische, jetzt in Deutschland lebende Sopranistin Catherine Foster, war ihm in jeder Hinsicht ebenbürtig. Sie gab eine der rundesten, fließendsten Interpretationen dieser Rolle, die man in der letzten Zeit gehört hat, und ich freue mich sehr darauf, sie im Rest des Zyklus' zu hören.

Schließlich zu erwähnen ist das Dirigat von Marek Janowski. Hatte man im Rheingold den Eindruck, es fehle an dramatischer Wucht, so war diese hier wiederhergestellt. Janowskis Tempi sind rasch und die Kurve des ersten Aufzugs von zögernder Unsicherheit zu lodernder Ekstase schien blitzschnell vorüberzugehen. Doch der dramatische Schritt ist in Wirklichkeit scharfsinnig, nichts wird ausgelassen und das Orchester brennt sprichwörtlich den ganzen Abend hindurch.

Aus dem Englischen übertragen von Hedy Mühleck.

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