Das Mariinski-Ballett ist zweifelsohne eine der besten Ballettkompanien der Welt, und die Wiederaufnahme des Klassikers Schwanensee, die am Freitag Abend im eleganten Royal Opera House Premiere hatte, riss das moderne Publikum von den Sitzen. Diese Interpretation ist mit nichts zu vergleichen, was ich bisher gesehen habe, denn das Mariinski hält eine einzigartige Balance zwischen Technik, dramatischem Tanz und emotionaler Kraft. Diese Version von Schwanensee, choreographiert von Lew Iwanow und Marius Petipa, wurde im Januar 1895 in St. Petersburg uraufgeführt. Konstantin Sergejew überarbeitete die Choreographie 1950 und ersetzte das tragische Ende mit einem glücklichen. Bis heute wird seine Adaption von der Kompanie aufgeführt. Die Besetzung am Freitag Abend war überragend und schloss Oxana Skorik (Odette-Odile), Timur Askerow (Prinz Siegfried) und Wladislaw Shumakow (Hofnarr).
Die Vorstellung als Ganzes war faszinierend, und was dieses dreistündige Ballett so fesselnd machte, war das allgegenwärtige Gefühl von Vollständigkeit. Die Solotänzer, die Partnerschaften in den großen pas de deux, die Synchronizität, die Musik, die Kostüme, das Bühnenbild, die Beleuchtung und natürlich die Emotion, die jeder Tänzer zur Vorstellung beitrug mischten sich harmonisch und machten diesen Schwanensee zu etwas Außergewöhnlichem. Die Tänzer zeigten eine perfekte Verbindung von Technik und theatralischer Überzeugung, aber das überrascht nicht, denn das Mariinski-Ballett ist dafür bekannt dafür, dass es großen Wert auf Charaktertanz und dramatische Ausbildung legt. Oxana Skorik's Odette und Odile waren jeweils lieblich und gerissen, und ihre Reise im Laufe der Vorstellung war glaubwürdig und einfach magisch. Wenn Sie sich aufrichtete und ihre Beine streckte, erwachte Tschaikowskis Musik zum Leben. Ihre Glieder flogen nur so auf der Bühne und waren Askerows männlicher Präsenz ebenbürtig. Seine Hebefiguren und aufmerksame Zusammenarbeit schafften nahtlose Übergänge, die die bezaubernde Chemie zwischen den beiden hervorhoben. Ein weiterer Publikums-Hit war Shumakows Darstellung des Hofnarren. Mit Beinen wie angespitzt und Zehen wie Rasierklingen, war er amüsant anzusehen, besonders in seinen Soli im ersten Akt. Konstantin Zwerew stellte den Zauberers Rotbart dar, und sein Tod durch die Hand des Prinzen im vierten Akt war sehr körperlich und unvergesslich.
Der Schwanensee des Mariinksi ist eine anspruchsvolle Adaption. Die Kostüme sind edel und filigran, mit einer goldenen Ausstrahlung wie keine anderen. Die Röcke und der erhabene Kopfschmuck, der einer Königin gerecht würde, passte zum Rotbraun des Bühnenbilds. Der lang fallenden Kleider trugen noch zur Schönheit und Anmut der Bewegungen bei. Die Kostüme unterstrichen ein stolz gehaltenes Kinn, einen gebogenen Rücken und wiegende Arme. Das Bühnenbild und seine angenehmen Farben boten einen schönen Rahmen für das Schauspiel der Tänzer. Mit Tschaikowskis üppiger Musik hob das Mariinski-Orchester hob die Tänzer auf eine neue Ebene. Man sollte hierbei anmerken, dass eine Bearbeitung der Partitur verwendet wurde, die Zusätze von Riccardo Drigo (der für den letzten Akt einige von Tschaikowskis Klavierstücken op. 72 bearbeitete und orchestrierte) enthält. Die flüchtigen Gesten der Tänzer akzentuierten die Musik, und ihre Zehen küssten den Boden, während ihre Arme flatterten, was noch zu der sich steigernden Musik und den theatralischen Schlüssen beitrug. Die Solisten sowie das Corp de Ballett bewegten sich mühelos, besonders in Akt III.
Nun habe ich das Mariinski-Ballett schon vorher gesehen, und es scheint, dass es von Jahr zu Jahr besser wird, wenn das überhaupt noch möglich ist. Auf der aktuellen Tour der Kompanie wird sie drei Wochen lang am Royal Opera House sein und in dieser Zeit andere großartige Stücke wie Cinderella, einem dreiteiligen Programm und The Genius of Balanchine.
Aus dem Englischen übertragen von Hedy Mühleck