Klassisch oder modern: Kaum eine andere Stadt hat so ein vielfältiges Kulturprogramm zu bieten wie Berlin. Von Techno bis Klassik, die deutsche Hauptstadt hat für so ziemlich jeden Musikliebhabenden das passende Programm im Angebot. Gleich drei klassische Opernhäuser inklusive Orchestern, fünf weitere Orchester und zwei Chöre werden vom Land finanziert. „Da kannste nich meckern“, wie Berliner*innen höchstlobend zu sagen pflegen. Bei einem Berlin-Besuch stehen Klassikfans folglich vor der Qual der Wahl. Um die Entscheidung zu erleichtern geben wir im folgenden Einblicke über die Vielzahl der Berliner Klassik-Bühnen, von groß bis klein, von traditionell bis alternativ, von Weltstars bis hin zu jenen, die es werden wollen. Unsere Top Ten der Berliner Bühnen. Dabei steht in der Hauptstadt stets das Understatement im Mittelpunkt: Wer befrackt oder abendkleidtragend in Konzert und Oper geht, fällt mitunter mehr auf als in legerer Freizeitkleidung.

Loading image...
Brandenburger Tor
© visitBerlin, Foto: Dagmar Schwelle

1 Berliner Philharmonie

Wohl kaum ein anderer Konzerthallenneubau des 20. Jahrhunderts ist so ikonisch und stilprägend wie die Berliner Philharmonie. Nach Plänen Hans Scharouns Anfang der 1960er Jahre gebaut, gilt der Bau mit dem in der Mitte platzierten Orchester und den darum aufsteigenden Weinbergen als der erste „demokratische“ Konzertsaal der Welt, der in seiner Idee anschließend weltweit vielfach kopiert wurde. Nicht weniger Kultstatus hat auch das hier ansässige Orchester: Die Berliner Philharmoniker, die als eines wenn nicht gar das beste Orchester der Welt gelten. Wenn die Hausherren nicht selbst gerade auf der Bühne stehen, wird der Große Saal auch von zahlreichen anderen Berliner Orchestern, darunter dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin rsb), dem Deutschen Sinfonie-Orchester Berlin (DSO), der Staatskapelle Berlin, im Rahmen des Musikfestes Berlin und anderen zahlreichen Gastorchestern, genutzt. Wem der Große Saal zu groß ist, dem bietet der angrenzende Kammermusiksaal zahlreiche intimere Musikmomente. Wer mal reinhören möchte ohne gleich ein ganzes Konzert zu hören, dem seien die kostenlosen Lunch-Konzerte im Foyer empfohlen.

Kammermusiksaal der Philharmonie © Heribert Schindler | Berliner Philharmoniker
Kammermusiksaal der Philharmonie
© Heribert Schindler | Berliner Philharmoniker

2 Konzerthaus am Gendarmenmarkt

Das Konzerthaus am Gendarmenmarkt bietet für Symphoniekonzerte das architektonisch klassischere Ambiente. Im 19. Jahrhundert nach Plänen Karl Friedrich Schinkels im Stil des Klassizismus als Schauspielhaus errichtet, ist das Haus bereits seit Vorwendezeiten Heimspielstätte des mittlerweile gleichnamigen Konzerthausorchesters. Darüber hinaus nutzen auch zahlreiche weitere Heim- und Gastorchester das Konzerthaus im Herzen der alten Mitte Berlins für ihre Auftritte. Spielen, wenn andere es nicht tun: Für all jene, die zum Ausklang des Wochenendes keine Abendvorstellung besuchen können oder den Sonntag gänzlich mit Musik ausfüllen möchten, dem seien die Nachmittagskonzerte des Konzerthausorchesters ans Herz gelegt.

Loading image...
Konzerthaus Berlin
© Felix Löchner | Sichtkreis

3 Die großen Opernhäuser: Staatsoper Unter den Linden, Deutsche Oper Berlin, Komische Oper

Mit drei Opernhäusern hat Berlin für jeden Geschmack etwas zu bieten. Die altehrwürdige Staatsoper Unter den Linden, eröffnet 1742 als Königliche Hofoper, ist das erste Haus am Platz, bietet orchestrale Qualität vom Feinsten und Gesangsstars aus aller Welt. Das architektonische Kontrastprogramm zum historischen wenn auch wiederaufgebauten Gebäude in der Berliner Prachtstraße bietet die Deutsche Oper im Westen der Stadt, die den nussholzigen Charme der Fünfziger versprüht. Neben dem größten Repertoireangebot Berlins bietet die Deutsche Oper auch immer wieder musikalische Neu- und Wiederentdeckungen, von Schreker über Zemlinsky bis Langgaard. Die Komische Oper – wegen der Sanierungsphase im Stammhaus derzeit im Schillertheater zu finden – hingegen bietet das spielfreudigste Ensemble der Stadt. Neben den großen Opernwerken finden hier auch immer wieder Operetten, Musicals und DDR-Musiktheater ihren Weg auf den Spielplan. Viel zu entdecken!

Loading image...
Staatsoper Unter den Linden
© Staatsoper Unter den Linden | Marcus Ebener

4 Neuköllner Oper

Wem die drei großen Opernhäuser der Stadt noch nicht genug oder das Richtige bieten, dem empfehle ich die Neuköllner Oper. Hier gibt es Oper, aber anders. Bereits seit 1972 bemüht sich das Theater um eine Alternative zur traditionellen Oper. Dafür wird Althergebrachtes aufgebrochen, Genres gemischt – immer mit dem Ziel eine neue Perspektive auf das Bekannte und neue Zugänge zu schaffen. Von Richard Strauss' Die Frau ohne Schatten in Kammermusikform bis hin zu neuen Werken ist auf der Bühne der Neuköllner Oper so ziemlich alles zu finden. 

5 Haus des Rundfunks

Zwar verfügt Berlin über gleich mehrere Rundfunksinfonieorchester, doch spielt der Große Sendesaal im Haus des Rundfunks im alltäglichen Konzertleben eine eher untergeordnete Rolle. Nach den Plänen des Architekten Hans Poelzig wurde er 1931 nach zweijähriger Bauzeit eingeweiht. Einst als Aufnahmesaal für Radio- und Tonträgeraufnahmen genutzt, ist der Große Sendesaal heute vor allem Kulisse für Proben und kleinere Konzertformate unter anderem des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin.

Loading image...
Haus des Rundfunks
© rbb, Foto: Hanna Lippmann

6 Konzertsaal der Universität der Künste & Neuer Marstall

Gleich zwei Musikhochschulen, die Hochschule für Musik Hanns Eisler und die Universität der Künste (UdK), bilden in Berlin den Nachwuchs für die zahlreichen Orchester der Stadt und darüber hinaus aus. Beide Hochschulen nutzen verschiedene Konzertsäle für die Aufführungen ihrer Studierenden, verfügen aber auch über eigene Säle. Der Konzertsaal der Universität der Künste, gebaut in den 1950ern nach Plänen von Paul Baumgarten, war einst einer jener Übergangsspielorte der Berliner Philharmoniker nach der Zerstörung der Alten Philharmonie im Zweiten Weltkrieg und dem Scharoun-Neubau in den 1960ern. Die Hochschule für Musik Hanns Eisler nutzt verschiedene Räumlichkeiten des unweit des heute als Humboldt Forum bekannten Berliner Stadtschlosses im Neuen Marstall. 

7 Pierre Boulez Saal

Berlins neuester Konzertsaal, der Pierre Boulez Saal, findet sich hinter eher unscheinbarer Fassade in direkter Nachbarschaft zur Staatsoper Unter den Linden im früheren Kulissendepot des Opernhauses. Der nach dem französischen Komponisten und Dirigenten benannte Saal ist das Herzstück der Barenboim-Said-Akademie und dient als Spielstätte für die Studierenden. Darüber hinaus bietet der Saal auch ein vielfältiges Musikprogramm von klassischen Beethoven-Symphonien bis zu unkonventionellen Formaten, häufiger in kleinerer Besetzung aber mit bekannten Solist*innen, an.

Loading image...
Pierre Boulez Saal
© Monika Rittershaus

8 Mendelssohn-Remise

Eine gewichtige Rolle im kulturellen Leben des 18. Jahrhunderts der damaligen preußischen Hauptstadt Berlin spielte die Familie Mendelssohn. Ihre musikalisch bekanntesten Kinder Felix und Fanny verbrachten hier gemeinsam ihre Kindheit und Jugend. In der Jägerstraße war seit 1815 das Bankhaus der Familie beheimatet, heute wird in einem kleinen Teil des Gebäudes, der Mendelssohn-Remise, die Dauerausstellung Die Mendelssohns in der Jägerstraße gezeigt. Rund um die Ausstellung bietet die Mendelssohn-Gesellschaft regelmäßig ein buntes Kammermusikprogramm mit Werken der Geschwister und weit darüber hinaus.

Loading image...
Mendelssohn-Remise
© Manfred Claudi

9 Piano Salon Christophori

Von der Werkstatt auf die Bühne: Die denkmalgeschützten Uferhallen im Berliner Gesundbrunnen sind das Zuhause des Pianosalons Christophori. Neben der Restaurierung von historischen Flügeln steht hier ebenso das Musikmachen an sich im Vordergrund. Ein volles Programm an Solo-, Kammer- oder Jazzkonzerte in industrieromantischer Kulisse erfreut Klassikliebhaber*innen hier vor allem auch in den Sommermonaten, wenn sich große Teile des restlichen Berliner Klassiklebens bereits in die wohlverdienten Ferien verabschiedet hat.

10 Theater im Delphi

Außerhalb der gewohnten Berliner Klassikpfade bietet das Theater im Delphi in Weißensee insbesondere in den ansonsten opernfreien Sommermonaten mit seinem Opernfest Nachwuchssänger*innen eine Bühne. Ansonsten ist das Theater im ehemaligen Stummfilmkino, dessen Interieur insbesondere Fans der Serie Babylon Berlin bekannt sein dürfte, eine Adresse für zeitgenössisches Musiktheater, Performances und klassische Konzerte.

Loading image...
Theater im Delphi
© Peter Gesierich