Die Bewegung der großen Laienchöre erreichte ihren Zenit im späten 19. und im 20. Jahrhundert: Man arbeitet an einem populären Chorwerk und als Höhepunkt des Chorjahres wird dieses Werk dann öffentlich zur Aufführung gebracht. Nebst dem damit verbundenen musikalischen Erfolgserlebnis erfüllte das Chorwesen auch wichtige soziale Funktionen. Eine Vielfalt von gesellschaftlichen Aktivitäten führten dazu, dass es für die Chöre zunehmend schwierig ist, junge Mitglieder anzuwerben. Die Kommerzialisierung des Alltags, Lohn- und Preissteigerungen ließen das Budget für ein Chorkonzert mit Orchester schon fast ins Astronomische anwachsen.
Auch auf der Zuhörerseite hat sich vieles getan. Abgesehen von der allgemeinen Reizüberflutung besteht heute ein breit gefächertes kulturelles Angebot: nebst qualitativ hochstehenden Konzerten kann sich jede(r) Aufnahmen in perfekter Qualität von CD oder über die Medien zu Gemüte führen. In dieser Situation haben oft selbst professionelle Ensembles Schwierigkeiten, im Konzert zu bestehen. Die Praxis des historisch informierten Musizierens engt das Repertoire für Laienchöre noch zusätzlich ein; mancher Dirigent mag sich heute gar scheuen, Werke von Bach mit einem Laienchor im städtischen Umfeld zu präsentieren.
Die Aufführung von Haydns Schöpfung illustrierte einige dieser Probleme exemplarisch. Der Junge Konzertchor Zürich kämpft mittlerweile genauso mit der Überalterung wie andere Laienchöre. Ein weiterer Aspekt betrifft den Konzertraum und die Begleitung: Haydns Oratorium basiert zwar auf der Bibel, gehört aber wohl eher in den Konzertsaal. Hier in Zürich bietet sich die Tonhalle an, belastet aber das Konzertbudget stark. Die Akustik des Fraumünsters verschleiert durch den Nachhall etwas und erschwert dem Hörer die räumliche Orientierung. Dazu kam, dass der Chor ungünstig platziert war, zum großen Teil unter dem Lettner, was die Sänger in den hinteren Reihen akustisch benachteiligt und, schwerwiegender noch,offensichtlich die Koordination sowohl zwischen den Stimmen wie auch zwischen Chor und Orchester erschwerte. Sodann war das Orchester nicht nur im Vierungsraum, sondern relativ breit, teilweise auch im Querschiff platziert. Mir schien auch die Aufstellung der Solisten hinter dem Orchester nicht optimal.
Nur in der Vorstellung des Chaos zu Beginn von Haydns Oratorium spielt das Orchester allein. Dies war somit die einzige Gelegenheit, die Arbeit der Basel Sinfonietta wirklich zu beurteilen und zu genießen. Mir gefielen ausgesprochen die sorgfältig austarierte Dynamik, speziell bei den ausgezeichneten Bläserstimmen, die weichen, sanft modellierenden Klarinettensoli. Stephan Klarer machte keinen Versuch, die „chaotischen“ Dissonanzen zu beschönigen, hob sie eher noch hervor. Ich fand auch die Intonation in dieser Einleitung weitgehend makellos. Später, im Verlauf des Werks, gab es durchaus Stellen, an denen die Intonation im Orchester nicht perfekt war – aber ich führe das nicht auf unsorgfältiges Musizieren zurück, sondern auf Schwierigkeiten, mit der jeweils anderen Seite des Ensembles akustischen Kontakt zu halten.