Nachdem die Krönungsfeierlichkeiten Ludwigs XIV. bereits mittels eines Vorschlags Sébastien Daucés musikalisch rekonstruiert worden waren und Einzug in die Kölner Philharmonie gehalten hatten, konnte man dort nun einer ebenfalls aufgrund fehlender konkreter Werknachweise auf Fiktion beruhenden klanglichen Nachbildung beiwohnen. Jener der Hochzeitsprozession und danach stattfindenden profanen Festivität des Sonnenkönigs mit der spanischen Infantin Maria Theresa aus österreichischem Hause am 9. Juni 1660 in Saint-Jean-de-Luz. Vincent Dumestre hat mit seinem Le Poème Harmonique dafür zeitlich, höfisch und regional passende Kompositionen zusammengetragen.

Le Poème Harmonique © Philippe Delval
Le Poème Harmonique
© Philippe Delval

Einzig von der natürlich seitens Königspate und Premierminister Kardinal Mazarin eingefädelten Feier „überliefert“ sind – neben allgemeinen Messgesängen italienischer Musiker – zwingende Fanfaren aus beispielsweise Trompeten, Schalmeien, Pommer, Bombarden, Flageoletts, Musettes und Perkussion, für deren Nachempfinden mit einer präsentierten Mischung aus historischen Instrumenten Dumestre Lullys Sonneries pour les cornets du Roy als stimmungsvolle Intrada „aux portes du temple“ der in fünf Abschnitte unterteilten Noces royales de Louis XIV auswählte. Dafür wurde die Philharmonie ins Dunkel gesetzt, von den Bühnengängen schritten die beiden Cornettisten ein, echoisierten Lullys Motiv und bliesen dann gemeinsam mit französischen Oboen und Fagotten, untermalt von der Militärtrommel, die Versammlungsmusik.

Mit ihr betrat Dumestre selbst das Aufführungsparkett, um unter Beleuchtungshinzunahme den Einsatz für die Streicher und das Continuo zu geben, dem er die französischen, spanischen und baskischen „Entrées des délegations“ Lullys mit ihren spezifischen Farben von Blockflöten(consort), Oboe, Fagott, Geige, Kastagnetten, Gitarre und Cymbal folgen ließ. Zu deren Abschluss erklang als erste weihevoll-liturgische Komponente Louis Couperins Prélude Nr. 2 durch den Titularorganisten der Kölner Philharmonie, Thierry Mechler, und zwar besonders imposant eben an großer Orgel.

Den Orgelpunkt nahmen unmittelbar fließend Bassblockflöte und Cornets für die „Célébration de la paix“ auf, die sich mit den Damenstimmen links und rechts der Bühne erst im Kreis gruppierten, um unter Anführung der Scholaprimae Eugénie de Padirac und Axelle Verner mit italienischem „Alleluia“ und ansonsten französisch intoniertem gregorianischem Osterhymnus O filii et filiae Veillots andachts- und erwartungsvoll ihre Bahnen zu ziehen. Nachdem sich auch die Herrenstimmen aufstellungspraktisch und vokal arrangiert hatten, kamen die Solisten Ana Quintans, Isabelle Druet, Paco Garcia, Serge Goubioud und Viktor Shapovalov mit LPHs Introklängen zu Lullys Motette Jubilate Deo für den Petit Chœur hinzu. Jene Motette ist eine der zwei zentralen Werke Dumestres Festprogramms zur Kaprizierung auf damals mit der Hochzeit personaldiplomatisch besiegelten Friedensschluss im vierundzwanzigjährigen Pyrenäenkrieg.

Gefielen darin mit friedlich zurückgenommener, in Nuancen Ausdruck formender, manchmal leicht abgehackter Instrumentalartikulation und licht-würdigem Chor vor allem Quintans mit stilistisch reinem, elegantem, warmem Sopran und Shapovalov mit rundem, recht sonorem Bass, steigerten sich Lebendigkeit und Effekt zum zweiten Hauptstück, Cavallis Magnificat für die „Mariage“. In diesem, mit besser temperierterem Garcia auch als Alt und nach den königlich personifizierten Registerzügen Mechlers mit Nivers‘ Plein jeu und Récit de cromorne du troisième ton sowie wieder davon abgenommener Sinfonia grave à 5 Rossis durch das Orchester, vermochte Dumestre mit teils hinzugefügtem Dulzianconsort, ein größeres Maß an spezifischem Feierlichkeitsflair auszubreiten.

Mit Cavalli gelangte man zudem zu den finalen „Réjouissances“, mit denen Le Poème Harmonique dann aber wirklich mit Kontrast und Dramatik auf eigentliche Höhepunkte zusteuerte. Kam Druets Mezzo in Phrasierung, Expression und Timbre mit der Xerse-Arie „Lasciate mi morire“ sowie die Erleichterung mit anschließend folkloristisch-freudetrunkendem de Rosiers-Duett „Après une si longue guerre“ Goubiouds und Shapovalovs vor Métrus mittelfranzösisch ausgesprochenem Ô France gut zur Geltung, veranstalteten die Musiker eine unterhaltsame Szene in „Dos zagalas venian“ aus Hidalgos Oper Celos aún del aire matan. Mit Serpent, Trommel, Kastagnetten, Fingerschnipsen und vokalem Theatralikdurcheinander sorgte das Tuttiensemble für feurige Iberomentalität, die nach einem berührenden Agnus Dei Charpentiers noch mit Arañés „Sarao de chacona“ ihren krönenden Rausschmeißer fand.

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