Simon Höfele ist Weltenbummler, Fotograf, Barista – und als Trompeter einer der besten jungen Musiker aus Deutschland. So stellt er sich bei seinem Podcast Klassik Crush vor, bei dem er ganz offen mit Musiker*innen seiner Generation spricht. Über Vorurteile und Karriereplanung, Achtsamkeit und vor allem über die Musik, die das Leben lebenswert macht. Als Trompeter konzertiert Simon Höfele seit Jahren mit den größten Orchester der Welt (Konzerthausorchester Berlin, Tonkünstler-Orchester, Royal Concertgebouw Orchestra u.a.), war mit Rezitalen zu Gast in der Wigmore Hall, Philharmonie de Paris oder Elbphilharmonie und gewann unter anderem den Opus Klassik 2020 für die Konzerteinspielung des Jahres. Für Bachtrack stellt er zehn seiner Lieblingswerke für Trompete vor, mit dem einen oder anderen weniger bekannten Namen...

Simon Höfele © Marco Borggreve
Simon Höfele
© Marco Borggreve

1 Karl Amadeus Hartmann: Concertino für Trompete (1933)

Ich liebe diese Musik! Hartmanns Concertino ist das erste Werk, das ich jemals aufgenommen hab. Tolle und sehr eigenartige Musik im besten Sinne für Trompete Solo mit einem Ensemble aus sieben Instrumenten als Begleitung. Das Werk war lange verschollen und ist erst vor wenigen Jahren wieder aufgetaucht – deshalb auch die Idee diese Musik ins Zentrum meines allerersten Albums von 2017 zu stellen.

2 Kathrin Denner: Sonare II (2014) 

Ein zeitgenössisches Solowerk, das bald schon zehn Jahre alt wird und von einer sehr guten Freundin für mich geschrieben wurde. Es klingt wie ein Dialog und Streitgespräch: viele Dämpfer- und Charakterwechsel, virtuos und genau die richtige Länge, um es in viele Rezitale und Kammermusikkonzerte einbauen zu können!

3 Luciano Berio: Sequenza X (1984)

Ich erinnere mich noch genau, als ich die Noten von meinem ersten Trompetenlehrer bekommen hab. Ich war vielleicht zehn Jahre alt und hab zu dieser Zeit ständig die Berio-Sequenza auf einer CD meines späteren Professors Reinhold Friedrich gehört. Das und der Grund, dass mir viele Leute gesagt haben, dieses Stück sei unfassbar schwer, haben mich wohl damals dazu getrieben zu sagen: „Ich will das jetzt auch spielen!“. Natürlich habe ich dieses Werk nicht mit zehn Jahren gespielt, das kam dann etwas später. Trotzdem mit dem gleichen Notenmaterial meines ersten Trompetenlehrers. Die Sequenza ist ohne Frage eines der besten Solowerke im Reparatur der Trompete.

4 Paul Hindemith: Sonate für Trompete und Klavier (1939) 

Die Sonate von Hindemith ist der Dreh- und Angelpunkt des Kammermusikrepertoirs der Trompete. So vielschichtig und wunderschön sind wirklich sonst nur die absolut besten Werke. Das erste Mal habe ich dieses Werk mit zwölf Jahren gespielt. Seitdem sind ganz viele neue Eintragungen in meinen Noten entstanden, jedes Mal entdeckt man etwas Neues. Dieses Stück wächst mit!

5 Matthias Pintscher: Chute d'Étoiles (2012)

Das Doppelkonzert für zwei Trompeten von Matthias Pintscher war mein allererster Kontakt mit zeitgenössischer Musik. Mein Professor Reinhold Friedrich und ich haben es damals 2012 unter der Leitung von Matthias Pintscher selbst mit der Schleswig-Holstein Festival Academy uraufgeführt und ich hab es sofort lieben gelernt! Eine für mich bis dahin ungeahnte Kraft, die von dieser Musik ausgeht, hat mich sofort in ihren Bann gezogen. Seit diesem Zeitpunkt bin ich in zeitgenössische Musik verliebt und sehr dankbar mit vielen Komponist*innen zusammenarbeiten zu dürfen.

Sehen Sie Matthias Pintschers Chute d'Étoiles im Stream mit dem Orchestra Sinfonica Nazionale della Rai. Simon Höfele und Lucas Lipari-Mayer sind die Solisten.

6 Joseph Haydn: Konzert für Trompete und Orchester Es-Dur, Hob.VIIe:1 (1796)

Das Konzert in Es Dur von Joseph Haydn darf auf dieser Liste natürlich nicht fehlen – es ist das große Konzert der Klassik für uns Trompeter. In jedem Probespiel und unzähligen Konzerten wird dieses Werk gespielt und ist im doppelten Sinne der absolute Klassiker. Für mein Album Standards von 2020, auf dem ich die großen Kernrepertoire Konzerte aufgenommen habe, bekam ich den Opus Klassik für die „Konzerteinspielung des Jahres“. Ohne Zweifel auch eine sehr schöne Erinnerung an dieses Konzert für mich.

7 Bernd Alois Zimmermann: Trompetenkonzert „Nobody knows de trouble I see” (1954)

Meines Erachtens nach das beste Trompetenkonzert, das es gibt. Die Verbindung von Jazz und zeitgenössischer Musik aus der Mitte des 20. Jahrhunderts ist hier zur Perfektion gebracht. Dazu noch ein sehr politisches Werk, gehört dieses Konzert nicht nur zu einem der Anspruchsvollsten sondern auch zu einem großen Meilenstein der Musikgeschichte.

8 Miles Davis: Sketches of Spain (1960)

Ohne Miles Davis wäre die Trompete nicht das, was sie heute ist! Auch im klassischen Bereich. Davis hat die Musikgeschichte immer wieder neu geschrieben und damit wahre Pionierarbeit geleistet. Bei Sketches of Spain spielt die klassische Musik eine sehr große Rolle. Er nimmt Themen von Rodrigues und Manuel de Falla auf, es sind Fagotte und Oboen im begleitenden Orchester zu hören, viel ist ausnotiert – nicht alles natürlich, der letzte Teil ist quasi komplett improvisiert. All das macht es zu einem wirklich tollen Hybrid von Klassik zu Jazz und lässt einfach die Musik für sich sprechen.

9 Alfred Desenclos: Incantation, Thrène et Danse (1953) 

Vielleicht ein etwas unbekannter Komponist, aber wenn es um expressionistisch dramatische Musik im Repertoire der Trompete geht, ist es nicht wegzudenken. Ein unvergleichliches Werk mit dem ich selbst eine sehr schöne Erinnerung teile. Im Finale des Deutschen Musikwettbewerbs 2016 durfte ich dieses Stück im Finale und auch im Preisträgerkonzert spielen. In ca. 17 Minuten kann man alles zeigen: ein wunderschöner singender zweiter Satz, eine riesige virtuose Kadenz und der große Tanz am Ende im dritten Satz. Hier ist wirklich alles dabei.

10 Lisa Streich: MEDUSE „Elle est belle et elle rit” (2024)

Wahrscheinlich das neuste Werk in dieser Liste. Nur wenige Wochen alt, aber schon jetzt für mich nicht mehr wegzudenken. Wenn man an ein typisches Trompetenkonzert denkt, stellt man sich Strahlkraft und Virtuosität vor. Dieses Werk ist genau das Gegenteil hiervon. Fragilität, Klangsuche, in sich gekehrt, zarte Klangflächen. Und genau deswegen so wunderbar.