Verdis letzte und komische Oper Falstaff feierte am Freitag in Frankfurt den Beginn des letzten Wiederaufnahme-Zyklus' in der Inszenierung von Keith Warner. Željko Lučić sang dabei die Titelrolle, wie auch schon in der Premiere dieser Produktion. Lučić in Frankfurt zu erleben, wo er einst seine internationale musikalische Karriere begann, war für das Publikum ein guter Grund für großen Beifall und Szenenapplaus, doch auch die einfallsreiche und genial komische Inszenierung lud dazu ein.

Lučić sang also ein doppeltes Heimspiel, doch das Orchester unter der Leitung von Julia Jones hatte eben soviel Lob verdient, wie auch Kateryna Kasper und Martin Mitterrutzner als Nannetta und Fenton. Sie sind verliebt, fallen aber nicht in das intrigante Handlungsgeflecht um Falstaff. Sie singen von der Liebe und meinen es ernst (im Vergleich zu den anderen Figuren der Oper). Das Duett vom geküssten Mund, dessen Thema im Laufe der Oper von Fenton mehrmals angestimmt wird, sang Mitterrutzner in jünglichen, piekfeinen Outfits mit viel Hingabe. Dazu passte Kateryna Kaspers ebenso klare wie helle Stimme gut. Da dem Paar in der Oper weniger dialogische Elemente gewidmet sind, liegt das Augenmerk besonders auf der melodiösen Gestaltung. So kam vor allem bei Nannettas Feenlied erst gegen Ende der Oper Kaspers schöne Stimmfarbe zum Tragen, als sie die hohen Töne spielerisch leicht mit Samt überzog, in den Falstaff schlafend gebettet wurde.

So wie sich fast alle anderen Figuren in intrigante Handlungsstränge verzweigen, werden auch musikalisch komplexe Partien eng miteinander verstrickt. Das Ensemble, in dem Meg Page (Paula Murrihy), Alice Ford (Jessica Strong) und Mrs Quickly (Anna Larsson), Ford (James Rutherford), Fenton, Bardolfo (Ralf Simon), Pistola (Barnaby Rea) und Dr. Cajus (Hans-Jürgen Schöpflin) im Terzett bzw. Quartett einen Racheplan an Falstaff aushecken, trennt die beiden Gruppen räumlich durch labyrinthische Gartenhecken. Ausweichmanöver in die Hecken zu schnell wechselnden Phrasen bei wenig Blick auf die Dirigentin machten diese Szene zur besonderen Herausforderung, unter der die Koordination und das Zusammenspiel der Sänger bisweilen litt.

Nicht so jedoch in den Arien: Bei Fords ersten Auftritt als Fontana hatte James Rutherford die Gelegenheit, seine volle stimmliche Farbpalette erklingen zu lassen. Die Eifersucht, die Ford später ergreift, kam gesanglich und schauspielerisch nicht sehr stark zum Ausdruck – in „È sogno? O realtà?“ treibt sie Ford eigentlich an den Rand der Verzweiflung – und eine etwas subtilere Gestaltung hätte das zeigen können. Rutherford konnte sich als männlicher „Gegenspieler“ von Lučić im Allgemeinen auch gesanglich gut gegen diesen behaupten und legte dafür eine Stärke in die Stimme, mit der er sowohl mit dem Orchester und als auch Falstaff mithalten konnte. Die aber verhinderte auch die Feinheit, die der melodiösen Figurenzeichnung letztlich fehlte. Das gelang Anna Larsson als Mrs Quickly besser. Ihre „reverenza“-Stellen gestaltete sie auf eine persönliche Art und Weise mit überdehnten Vokalen und überzog die verehrende Ansprache passend. Die anderen Szenen sang sie solide, wie auch Jessica Strong und Paula Murrihy, und alle drei fügten sich gut in das spielerische Trio ein, in dem niemand hervorstach.

Es war Željko Lučić, der von Anfang an die Bühne gebührend dominierte. Stimmlich wie auch schauspielerisch fiel es ihm leicht, sich in jede Szene einzufühlen und die Partie mit viel Sicherheit zu gestalten. In sprachorientierten Passagen artikulierte Lučić exakt und klar. Bemerkenswert war vor allem die Weichheit, die er in die Stimme legte und nie verlor. Weich, klar und präsent in besonders hohem Maß: Das zeichnete Lučićs Partie aus. Als Casanova begegnete er auch dem Publikum mit einigem Witz und Augenzwinkern. Die Musik, die Inszenierung und auch Lučić als Person erlaubten diesen scherzhaften Umgang und diese charmant witzige Dimension dieser Wiederaufnahme ließ die Vorstellung so lebhaft werden, wie man es sich in einer Oper nur wünschen kann.

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