Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Und so drehte sich das Besetzungskarussell vor dem ersten Abend der Saison 2017/18 an der Staatsoper gleich zwei Mal. Zuerst musste Marcelo Álvarez aus gesundheitlichen Gründen absagen und dann meldete sich auch noch Anna Netrebko per WhatsApp-Screenshot krank. Aufgeboten wurden als Ersatz Yusif Eyvazov und Maria José Siri, die ihre Sache zwar gut machten, aber eben nicht die Publikumsmassen anzulocken vermögen; einige Plätze im Parterre und in den Logen blieben frei.

Zugegebenermaßen ist es aber nicht verwunderlich, dass die Inszenierung von Verdis Il trovatore von Daniele Abbado, die erst im Februar ihre Premiere hatte, ohne Starbesetzung nicht viel Zugkraft hat. Würde es den Begriff Rampensingen nicht schon geben, man müsste ihn hierfür erfinden. Im Einheitsbühnenbild, das wohl einen Hinterhof zu Zeiten des spanischen Bürgerkriegs darstellen soll, werden die Sänger über weite Strecken völlig alleine gelassen. Daraus resultierten überdurchschnittlich viele, in alle möglichen Richtungen ausgestreckten Arme und eine, manchmal unfreiwillig komische, Ansammlung von Standardgesten, wie etwa dem verzweifelten Kniefall. Angesichts der Umbestzungen kann man das den Einspringern ja noch nachsehen, allerdings wartete schon die, ausführlich geprobte, Premierenserie im Februar nicht mit nennenswerter Personregie auf. Kommen die richtigen Darsteller in dieser Inszenierung zusammen, kann zwar vermutlich durchaus tolles Musiktheater entstehen, diese Vorstellung wirkte eher wie eine konzertante Aufführung mit zusätzlichem Bühnenbild.



Eine sichere Bank, wie immer, waren der präzise agierende Chor sowie das Orchester der Wiener Staatsoper unter der Leitung von Marco Armiliato. Zwar ließen sie es manchmal so ordentlich krachen, dass ein bisschen weniger Lautstärke mehr gewesen wäre, aber angesichts der blühenden Italianità und der grundsätzlich differenzierten Gestaltung war das stellenweise durchgehende Temperament leicht zu verzeihen. Die Fäden zwischen Graben und Bühne hatte Armiliato ohnehin stets in der Hand, atmete mit den Sängern mit und trug so auch die Einspringer sichtlich durch den Abend.
Im Großen und Ganzen eine gute Repertoirevorstellung, aber nicht die glanzvolle Saisoneröffnung, auf die das Haus am Ring wohl spekuliert hatte.