Das im Südwesten der USA beheimatete Dallas Symphony Orchestra gilt als eines der aufsehenerregendsten US-Orchester der Gegenwart. Das bis dato lediglich regional bekannte Ensemble erreichte unter ihrem ehemaligen Music Director Jaap van Zweden, auch geprägt durch ihr in-house Label DSO Live, ein Renommee von Weltrang, welches nun weit über ihre texanische Heimat hinaus strahlt. Aus diversen Gründen war ihnen jedoch für etwa zehn Jahre keine nationale oder gar internationale Orchester-Tournee vergönnt.

Erst im vergangenen Jahr folgten wieder Gastspiele in weiten Teilen der USA und in diesem Sommer steht nun auch endlich die lang antizipierte, erste Europa-Tournee unter van Zwedens Nachfolger, dem renommierten italienischen Dirigenten Fabio Luisi, an. Dieser bewies vollste Hingabe seit seinem Amtsantritt im Jahre 2020 für sein Engagement beim DSO und reduzierte radikal seine Gastdirigate bei anderen Orchestern im europäischen Raum.
Die knapp 10-minütige Klanglandschaft What Keeps Me Awake von Angélica Negrón, einstige Composer-in-Residence des DSO, stimmte mit voranschreitenden filmischen Sphären in das Konzert ein, bevor Weltstar Anne-Sophie Mutter für das Violinkonzert Nr. 2 von John Williams die Bühne betrat. Der mit den Filmmusiken von u.A. Indiana Jones und Star Wars berühmt gewordene Williams erstaunt mit seinen vielseitigen Kompositionen klassischer Musik auch ohne filmische Beziehungen stets aufs Neue.
Sein Zweites Violinkonzert komponierte der damals schon über 90-jährige John Williams nicht als schlichtes Auftragswerk. Vielmehr diente ihm Anne-Sophie Mutter – beide verbindet eine langjährige Freundschaft – gar als Muse für seine Komposition. Das knapp 35-minütige, aus den vier Sätzen Prologue – Rounds – Dactyls – Epilogue bestehende Violinkonzert erklang in dieser Aufführung so persönlich wie intim und bedurfte besonders in den Klangwelten des Rounds eines konzentrierten Zuhörens, um seine Wirkung beim Publikum zu entfalten.
Im Herbst 2021 studierte Fabio Luisi das Violinkonzert mit dem Dallas Symphony Orchestra und John Williams höchstpersönlich ein. Die Uraufführung fand hingegen unter der musikalischen Leitung des Komponisten selbst statt. Somit konnte für die nun anstehenden Gastspiele in Europa eine möglichst authentische Werkinterpretation sichergestellt werden.
In der Alten Oper Frankfurt behandelte der Dirigent seinen Orchesterklang in einer behutsamen Art einer weltabgewandten, merklich zurückgetretenen, Begleitung. Williams filmische Klangsprache blieb als Fragment erkennbar, bildete hierbei lediglich den Rahmen für die weit im Vordergrund stehenden, mit einer Vielzahl von Kadenzen brillierenden, solistischen Virtuosität der Violinistin. Die Violine als „Meisterwerk der Geigenbaukunst“ mit dem hochvirtuosem Spiel Anne-Sophie Mutters prägten das Konzert und die Aufführung. Die Spontanität ihres gefühlvollen Spiels komplementierend, harmonisierte Emily Levin in ihrem das ubiquitär die Komposition charakterisierende, ausdrucksstarkem Harfenspiel. Harfe und Violine formten zu Beginn in einem brillantem Improvisando-Moment in zärtlich-freier Durchführung eine Reverenz an den Jazz. Die Violinsolistin und der Komponist Williams bekunden mit diesen Takten ihre gemeinsame Liebe für diese Musikrichtung.
Die Symphonie Nr. 5 e-Moll, Op.64 mit dem ergreifenden Schicksalsmotiv gilt als beliebtestes Orchesterwerk des Komponisten Pjotr Iljitsch Tschaikowsky. Luisi wählte einen eher intellektuell geprägten Interpretationsansatz, mit klarer Textur und zunächst sehr bedächtigem Tempo, welches er organisch entwickelte und so die Spannung behielt. Besondere Stärke bewies dabei der Streicherapparat des Dallas Symphony Orchestra, welcher mit vollmundig-sanften dunklen Klangfarben einen in der Tiefe der Romanik verankerten Tschaikowsky erklingen lies. Der Walzer-Satz mit eleganter Noblesse traf auf einem kalkulierten, kraftvoll-profund klingendem Finalsatz, der sich in einer kühl strukturierten, Big Band anmutenden Coda entlud.
Über den jubelnden Schlussapplaus schwebte in der Alten Oper mit der Zugabe – Glinkas Ouvertüre zu Ruslan und Ludmilla – die Hoffnung, dass bis zu einem Wiedersehen mit dem Dallas Symphony Orchestra und Fabio Luisi nicht erneut zehn Jahre ins Land streichen werden!