Wenn das Publikum nicht nur freundlich applaudiert, aber sich wirklich lautstark Gehör verschafft, um frenetisch und enthusiastisch seine Begeisterung auszudrücken, dann hat auf der Bühne etwas Besonderes stattgefunden: die Tänzer haben sich in die Herzen ihres Publikums gespielt! Wenn dann auch erst beim Applaus das noch junge Alter der Mitwirkenden auffällt, dann sind der Begeisterung keine Grenzen gesetzt.
Das neue Programm des Nederlands Dans Theater 2 (Sudden and Suspended), der Junior Company des Niederländischen Tanztheater, umfasst drei Choreographien, die unterschiedlicher nicht sein können. Das kanadische Choreographen-Duo Tiffany Tregarthen und David Raymond eröffneten den rasanten Abend mit der Uraufführung von Fathoms, welche von folgendem Gedicht begleitet wird:
Untiefen
Versuche die Tiefen zu messen, zu verstehen, um die Entfernungen zwischen uns wiederzufinden,
mit dem Sog zu kämpfen, und sich an die Lebendigkeit des menschlichen Herzens zu erinnern.
Aus der Dunkelheit der Bühne lässt der auffallende Lichtplan von James Proudfoot einzelne Körper scheinbar schwerelos auf Stuhlhöhe schwebend aufblitzen und wieder verschwinden. Die Requisiten, altmodisch hölzerne Stühle, bekommen ein Eigenleben und beginnen sich rhythmisch zu bewegen: gespenstisch, effektvoll und vollkommen unerwartet. Die Tänzer bemühen sich, mit eckigen, fast unbeholfen wirkenden, aber auch sehr individuellen Bewegungen ihre rührenden und komischen Geschichten zu erzählen.
Mittendrin entsteht urplötzlich ein mitreißendes, präzise choreographiertes Ensemblestück, das wie ein Kirchturm den Erwartungshorizont absteckt, um sich von da wieder mit einem fragmentarischen Flickenteppich aus Witzigem, Pantomimischen und Skurrilem in den unendlichen Möglichkeiten zeitgenössischen Tanzes weiter zu entwickeln. Fast zu viel, unglaublich schnell, aber mit nachhaltigem Eindruck, in dem sich erst Ratlosigkeit mischt, mit der späteren Ahnung, etwas wirklich Neuartiges erlebt zu haben!