Von Santa Fe bis Frankfurt, von Riga bis Pretoria hatten in 23 Städten weltweit Vorausscheidungen zum 18. Gesangswettbewerb Neue Stimmen der Bertelsmann Stiftung stattgefunden. Rund 1.500 Nachwuchssängerinnen und -sänger hatten sich dieses Jahr beworben, davon waren 43 Talente aus 26 Nationen während der Vorauswahl im Frühling und Sommer für die Endrunde qualifiziert. 18 von ihnen gelang der Sprung ins Semifinale. Im Finalkonzert in Gütersloh sangen nun die besten zehn Teilnehmer vor der hochkarätig besetzten Jury um Dominique Meyer, Intendant der Wiener Staatsoper, und Sophie Joyce Paterson, Leiterin des Lindemann Young Artist Development Program der Metropolitan Opera.
Seit vielen Jahren sind die Musiker der Duisburger Philharmonie zu Gast, um den jungen Künstlern in Semifinale und Abschlusskonzert einen edlen Klangteppich auszurollen, auf dem sie ihre sängerische Leistung unter optimalen Bedingungen zu Gehör bringen zu können. Da sie gleichzeitig als Orchester des Theaters Duisburg auftreten, spielen sie Opernmusik aus bester Vertrautheit und können mit ihrer Erfahrung schnell auf Änderungen von Interpretations-Absprachen reagieren. Das Gespür des britischen Dirigenten Jonathan Darlington, bis 2011 Chef der Duisburger Philharmoniker, für Tempi, Dramatik und den Interpretationswillen der Sänger sowie seine geradezu vibrierende Energieausstrahlung machen ihn zum idealen Begleiter in der aufregenden Situation einer Wettbewerbs-Darbietung.
Liz Mohn, Mitbegründerin des Gesangswettbewerbs und noch immer aus tiefster Überzeugung mit viel Herzblut engagierte Präsidentin von Neue Stimmen, wies zu Beginn darauf hin, dass ein solcher Wettstreit nicht nur stimmlicher Exzellenz die Bahn schafft, sondern auch lebenslangen Freundschaften und Netzwerken im Musikbetrieb Boden bereitet. Sich international beweisen zu können, sei in Zeiten boomender Social Media sowie steigender Tendenz zur Selbstvermarktung ein wichtiger Teil von Karriereplanung.
Es ist auffallend und vielleicht bezeichnend, dass sich von zehn Finalisten sechs Soprane und je zwei Tenöre und Baritone qualifiziert hatten; selbst innerhalb der 43 Endrundenteilnehmer waren nur ein Alt und drei Bassbaritone zu finden! Sängerische Karrieren sind nicht mehr nur Persönlichkeiten mitteleuropäischer oder amerikanischer Provenienz vorbehalten: bemerkenswert scheint, dass in der Endrunde auch Teilnehmer aus Albanien, Moldawien oder Südafrika zu finden waren. Und was nach insgesamt 20 Arienportraits für das begeisterungsfähige Auditorium zu konstatieren war: die durchgehend außergewöhnlich hohe stimmliche wie dramatische Begabung aller Künstlerinnen und Künstler, die – für das faszinierte Publikum ebenso wie die Jury – eine anordnende Platzierung geradewegs zur Sisyphus-Arbeit machte.
Am Ende machte bei den Männern der Chinese Long Long das Rennen, dessen einnehmende Bühnenpräsenz und sicherer Instinkt für Dramatik an der Rampe ihn zum Charming Boy auch für das Publikum gemacht hatte; seine Erscheinung wird man sich – nomen est omen! – gut merken können. Als Roméo in Gounods „Ah, lève-toi soleil“ hatte er kraftvoll und mit metallisch glänzender Tenorstimme aufgetrumpft, bei Lehárs „Dein ist mein ganzes Herz“ aus dem transkontinentalen Operettenmärchen Land des Lächelns auch tenoralen Schmelz aufleuchten lassen, dem feinzeichnende Lyrik noch etwas abging.