In Erlangen auf dem Weg vom Mozartfest Schwetzingen zur legendären Londoner Wigmore Hall: die vier jungen Künstler des Schumann Quartetts spielen an diesen Orten jeweils unterschiedliche Programme. Ihr Name geht – anders als beim scheinbar gleichnamigen französischen Quatuor Schumann – jedoch nicht auf den Komponisten zurück. Erik Schumann und seine Brüder Ken und Mark, in den 1980er Jahren im Rheinland geboren, taten sich 2007 zum Streichquartett zusammen; im Februar 2022 kam Veit Hertenstein als Bratschist hinzu. In Erlangen hatten sie nun zwei interessante Werkpaarungen um einen meditativen Satz von Arvo Pärt gruppiert, füllten mit anspruchsvollen Stücken die Reihen neugieriger Zuhörer, die in der Konzertfolge „unerHÖRT“, gemeinsam vom Erlanger Gemeinnützigen Theater- und Konzertverein sowie dem Bayerischen Rundfunk produziert, Entdeckungen gerade in der zeitgenössischen Musik erwarten.
So gesehen war der Auftakt mit Joseph Haydns Streichquartett C-Dur, Op.33 Nr.3, dem sogenannten Vogel-Quartett, eher ungewohnt; immerhin warb schon Haydn für diese Quartette mit der Ansage „Musik der ganz neuen, besonderen Art“. Beim ebenso spritzigen wie humorvollen Spiel des Schumann Quartetts konnte man wieder einmal staunen, wie die Sonatenform in den Kopfsätzen bereits zur Vollendung gereift ist, der Scherzando-Satz (an zweiter Stelle!) gekonnt Ernst und Heiterkeit mischt, indem die Geigen Verzierungen spielen, die dem Ruf eines Vogels ähneln; zwitschernd hohe Töne im Trio, dagegen gedämpfte Stimmen und tiefe Lagen in den Rahmenteilen. Auch aus dem Thema eines kroatischen Tanzlieds im abschließenden Rondo zauberten sie immer neue witzige Pointen, schlossen mit der Umkehrung der Melodie in umgekehrter (leiser) Tonstärke.
Von Haydns Witz hat sich die Schweizer Komponistin Helena Winkelman anstecken lassen; ihre Hommage Papa Haydn’s Parrot nimmt Elemente des Vogel-Quartetts auf, spiegelt und beleuchtet sie neu, kreiert daraus acht Sätze voll schillernder, feinster Farben, aber auch dramatischer Kraft, die in der Mischung spektraler wie mikrotonaler Elemente den Quartettsolisten das Äußerste an virtuoser Spieltechnik abverlangen. Da wechselten Flageoletts mit Ponticello-Effekten, wurden Stricknadeln in die Saiten eingespannt, hinter dem Steg gespielt, Akkorde mit dem Holz des Bogens geschlagen. Glissandi mündeten in schräge Akkordverschiebungen, der Bratschist tat sich gar pfeifend hervor. Und trotzdem: musikalische Bögen entstanden, auf Fragezeichen erfolgte eine Auflösung, nichts wirkte zufällig oder überdreht. Selbst im abschließenden achten Satz, Haydn on the Rocks, schien dieser noch durch allerlei Jazz- und Pop-Elemente hindurch zu schmunzeln. Herrlich!