Die Konzertreihe Migros-Kulturprozent-Classics ermöglichte es, Mikhail Pletnev, das Russische Nationalorchester und Nikolai Lugansky als Solist im Kultur- und Kongresszentrum Luzern zu erleben. Das Programm kombinierte (vielleicht allzu) Bekanntes von Rachmaninow mit der hierzulande wenig aufgeführten Zweiten Symphonie von Alexander Skrjabin.
Zuerst also das berühmt-berüchtigte Dritte von Rachmaninow. Am Steinway hatte der ruhig und gelassen auftretende Nikolai Lugansky Platz genommen. Wer ein Spektakel erwartet hatte, wurde enttäuscht: keine Show-Effekte, keine zirkusreifen pianistischen Eskapaden, kein fieberhafter Aktivismus, nicht mal Schweißtropfen, trotz der angeblich 29'000 Noten im Klavierpart. Ganz im Gegenteil: das Werk beginnt unspektakulär, und so natürlich, wie sich der Anfang mit seinen einfachen Oktavparallelen im Solopart präsentierte, blieb eigentlich das ganze Konzert. Das mag übertrieben sein, aber das Erstaunliche in dieser Aufführung lag im unprätentiösen Gehabe des Solisten. Dieser saß aufrecht, aber entspannt am Instrument, mit lockerer Arm- und Handhaltung, und meisterte seinen pianistisch und gedächtnistechnisch enorm schwierigen Part mit einer Selbstverständlichkeit, als wäre es eine Czerny-Etüde. Es war jedenfalls kein Spektakel für das Auge. Dafür konnte sich das Ohr Rachmaninows wunderbarer Musik erfreuen, seiner Melodik, der perlenden Läufe des Klaviers, und der Sorgfalt, die Lugansky den in all den Noten verborgenen Melodien angedeihen ließ. Dabei bediente er sich einer reichen Agogik, sein Spiel blieb transparent, setzte klare Akzente.
Er war es auch, der im ganzen Werk die Kontrolle innehatte. Schon zu Beginn setzte er mit unmerklich rascherem Tempo an, behielt engen Kontakt mit dem Orchester, kontrollierte das Rubato, ließ sich im Gesichtsausdruck dabei nie die enorme Konzentration, den Fokus auf die Musik anmerken. Die dynamische Balance beider Hände war bemerkenswert. Zum unprätentiösen Auftritt passte, dass Lugansky die Standardkadenz wählte (statt der fulminanten Ossia-Version). Selbst diese ist monströs, lief ihm jedoch flüssig, klar und differenziert von den Händen. Der Pianist ließ sich Zeit für die lyrischen Segmente, zeigte aber etwa in den rhapsodischen Einwürfen des zweiten Satzes durchaus Verve und Kraft, verfiel aber nie in unnötigen Tastendonner. Die rhythmisch unheimlich vertrackten Partien des Finales meisterte er ohne die geringste Unsicherheit. Es war keine Show, aber Musik zum Genießen, und das phänomenal.