Nach Wilhelm Tell (1829) hat Rossini keine Opern mehr geschrieben, sich praktisch aus dem Musikleben zurückgezogen. Bis zu seinem Tode 1868 beschränkte er sein kompositorisches Schaffen auf kleinere und einige geistliche Werke, darunter das Stabat Mater sowie die an diesem Abend aufgeführte Petite Messe solennelle, die er selbst zu seinen „Alterssünden“ zählte.
Das Werk ist trotz der wohl eher scherzhaften Bezeichnung eines seiner wichtigsten geistlichen Werke und birgt einige Herausforderungen an die Interpreten – nicht primär technischer Natur, sondern im Bereich der akustischen Balance, oder in der Frage, wie opernhaft das Werk denn klingen soll und darf. Rossini verlangt ein breites dynamisches Spektrum (von häufigen pppp bis hin zu fff), welches auch von einem stattlichen Laienchor wie dem Zürcher Konzertchor kaum auszuloten ist, zumal mit dem relativ großen Orchesterapparat des stark erweiterten Zürcher Kammerorchesters einschließlich zweier Harfen und einer reichen Blechbläser-Besetzung.
Chorleiter André Fischer dirigierte mit lebendiger, fantasievoller Gestik. Ich empfand seine Tempowahl im allgemeinen als natürlich, angemessen, wobei nicht zu überhören war, dass er gelegentlich mit Rücksicht auf die Fähigkeiten des Laienchors ein gemäßigtes Tempo wählte. Im Kyrie und dem Gloria wird der Chor anteilmäßig nicht sehr gefordert, allerdings ist die Fuge „Cum sancto spiritu“ am Ende des Gloria sehr virtuos: In moderatem Zeitmaß wirkte sie eher schwerfällig, manchmal auch etwas zu gleichförmig; ein Eindruck, der durch die zeitweise stampfende Orchesterbegleitung noch verstärkt wurde. Für seine Größe klang der Chor oft matt, mit bestenfalls mäßiger Diktion (da für die meisten Hörer der Text bekannt ist, dürfte das nicht weiter aufgefallen sein). Auch in der Dynamik zeigten sich die Grenzen des Chores – ein tragender, aber leiserer Klang im Piano und Pianissimo wäre eine Bereicherung gewesen.
Das Orchester begleitete durchweg klangschön und präsent, auch wenn im „O salutaris hostia“ nach meinem Eindruck etwas viel Portamento verwendet wurde. Für mich ist das ein eher weltliches Gestaltungselement, das in religiösen Kompositionen sparsam verwendet werden sollte. Es war interessant, das Changieren zwischen Streicher- und Harmoniemusikklang zu verfolgen, bei der Begleitung der Solisten jedoch hätte ich mir gewünscht, dass das Orchester gelegentlich mehr zurückgebunden worden wäre, denn es war vor allem in Quartetten manchmal schwierig, alle Solostimmen mitzuverfolgen.