Die Württembergische Philharmonie vereinte in ihrem Programm zwei Komponisten, die zu Lebzeiten gerne als absolutes Gegensatzpaar dargestellt wurden: Johannes Brahms und Anton Bruckner. „Wer sich durch die Musik beruhigen will, der wird der Musik von Brahms anhängen; wer dagegen von der Musik gepackt werden will, der kann von jener nicht befriedigt werden“, soll Bruckner über das Werk seines deutschen Kollegen geäußert haben. Den Gegenbeweis erbrachte die Philharmonie im Münchener Herkulessaal gemeinsam mit Dirigent Roberto Paternostro und Violinist Charlie Siem.
Das Programm eröffnete mit Brahms’ Violinkonzert in D-Dur, das weniger Wert auf solistisches Virtuosentum legte, sondern vielmehr mit seinem symphonischen Charakter auf die Gleichberechtigung zwischen Orchester und Solist setzt. Allerdings bewies sich Charlie Siem, der besonders in den expressiven Momenten des Konzerts mit kraftvoller Energie überzeugen konnte, als ausdruckstarker, klangkräftiger Partner für das Orchester, der sein Spiel vor allem in den lyrischen Bögen in der hohen Lage mit emotionaler Farbigkeit füllte. Siem beschloss den Kopfsatz des Konzerts mit der Kadenz von Fritz Kreisler, die nicht nur höchste spieltechnische Ansprüche stellt, sondern auch eine große klangliche Bandbreite verlangt. Hier wurde Siems große dynamische Varianz offenbar, die er von vielen Trillern im Piano zu vollgriffigen Fortes steigerte. Sein Spiel verfügte über einen emotional rauen Klang, das besonders im Adagio vielleicht noch konsequentere Phrasierungen hätte vertragen können, aber das Zusammenspiel mit dem Orchester ließ dies schnell vergessen. Pasternostro war bei seiner Interpretation sehr detailversessen und achtete besonders auf die Verschmelzung des symphonischen Klangs mit dem Solisten, was besonders im Finale auffällig wurde.
Mit ebenso genauer Detailliertheit widmete sich Paternostro Bruckners Dritter Symphonie, die er bereits mit ihrem mystisch, verhaltenen Beginn sehr präzise und transparent aufbaute. Auch den weiteren Themenverlauf konzipierte Paternostro mit viel Raum zur Klangentfaltung, wobei er konsequent auf die monumentalen Höhepunkte hinarbeitete. Dabei zeigte sich die Qualität der Württemberger Philharmonie, die nicht nur präzise im Zusammenspiel war, sondern auch ein feines Gespür für die Stimmungen des Werks präsentierte.