Alle Welt sieht derzeit auf die neue Elbphilharmonie in Hamburg, doch nicht nur die Hansestadt hat einen neuen Konzertsaal vorzuweisen; auch in Bochum wurde pünktlich zum Saisonstart im Oktober das Anneliese Brost Musikforum Ruhr eröffnet. Beim dritten Symphoniekonzert der Bochumer Symphoniker wurde dem Publikum in ihrer neuen Spielstätte ein Mix aus Ballettmusik, Instrumentalkonzert und zeitgenössischer Komposition geboten.
Michel Tabachnik war an diesem Abend nicht nur in der Rolle des Gastdirigenten anwesend, sondern gleichermaßen als Komponist. Beeinflusst von seinem Mentor Pierre Boulez zeichnet sich Tabachniks Frühwerk durch Detailschärfe aus. Gewissermaßen im exakt gegensätzlichen Stil ist das Prélude à la Légende mit frei fließenden Elementen entstanden. Ursprünglich Teil einer Trilogie anlässlich des 200. Jahrestages der Französischen Revolution wurde das Prélude bald als eigenständiges Werk ausgegliedert und ist seitdem in den Konzertsälen der Welt zuhören. Zu Beginn von stark perkussivem Charakter, entwickelt sich der Klang in allmählichem Crescendo bis zu einem abrupten Einschnitt, nachdem eine nebelhafte Traumwelt in schlichter Nüchternheit erhallt.
Jean Sibelius wäre gerne auch selbst als Geiger auf der Bühne gestanden, doch musste er feststellen, dass es für ihn zum Virtuosen nicht reichte. So widmete er sich der Komposition und schrieb ein ganz eigenwilliges d-Moll-Konzert für Violine, in dessen erstem Satz drei stark kontrastierende Themen zu Wort kommen. Solist des Abends, Sergey Khachatryan, zeigte ein unfassbar reiches dynamisches Spektrum, das die weiten finnischen Landschaften akustisch in den Saal brachte. Mit seinem sehr leisen, aber dennoch deutlichen Einsatz fesselte Khachatryan den Zuhörer vom ersten Ton an und nahm ihn mit nachvollziehbaren Accelerandi und Rubati auf eine Klangreise durch das Stück mit. Dabei wirkte es, als ob er gar nicht für das Publikum spielte, sondern nur für sich, so fokussiert stand er meist kerzengerade und in die Musik versunken auf der Bühne.
Unter Tabachniks Dirigat schmiegten sich die Bochumer Symphoniker an die Solostimme an und gingen die gestikulierten Wellen des Dirigenten mit. Den großen Tuttistellen wurde zudem viel Bedeutung und Gewicht gegeben. Solist Khachatryan versuchte dagegen, die in der Musik steckende Kraft im ersten Satz noch im Zaum zu halten. Auch im dritten Satz klang das Thema kontrolliert, dabei aber nicht mechanisch erzwungen. In romantischer Stimmung schwelgte das Thema des zweiten Satzes in der Solovioline und es wäre einem als Zuhörer deutlich leichter gewesen, sich auf die sonore Melodie des Solisten einzulassen, wäre insbesondere die Horngruppe, auf die langen Passagen des zweiten Satzes gestützt sind, sich intonatorisch einig gewesen.