Ziemlich reduziert und düster kommt die neue Fidelio-Inszenierung am Salzburger Landestheater daher. Andreas Gergen braucht nicht viel, um Fidelio trotzdem sehr bildgewaltig zu inszenieren. Wer Eisenketten, Gitterstäbe und andere bekannte Gefängnisutensilien erwartet, wird enttäuscht, denn Gergen lässt es in seinem Gefängnis so brutal zugehen, dass sich ohnehin niemand zu flüchten traute. Statt der Stäbe gibt es dünne weiße Seile, die vom Boden aus bis zur Decke gespannt sind. So kreiert Bühnenbildner Heinz Hauser immer wieder neue Raumformationen und Muster, die zu den zahlreichen Andeutungen dieser Inszenierung gehören.
Ein Topf voller weißer Farbe beispielsweise kommt immer wieder zum Einsatz, um Grenzen, Markierungen und andere Hinweise auf dem schwarzen Bühnenboden zu zeigen. So reduziert auch die Ausstattung war, so vollgeladen mit Verweisen ist bisweilen die inszenierte Handlung. Von angedeutetem Waterboarding bis hin zu scheinbar willkürlichen Schießereien zeigt Andreas Gergen alle Gewalttaten, die man sonst nur aus Berichten über die Gefängniswärter in Guantanamo kennt. Grundsätzlich eine gute und aktuelle Grundidee, die für meinen Geschmack aber auch mit dem ein oder anderen Kopfschuss weniger ausgekommen wäre.
Dieses Bühnen-Guantanamo befindet sich in den Händen von tätowierten Springerstiefelträgern, die neben den Anzug tragenden Gefängnisleitern gleich noch viel wüster erscheinen. Und passend dazu trat Leonore bzw. Fidelio auch mit schwarzer Sonnenbrille und lässig aufgesetzter Mütze auf (Kostüm: Susanne Hubrich).
Fidelio wurde von Ludwig van Beethoven zwar mit der metastasianischen Prägung der italienischen Oper komponiert, jedoch ist das Werk besonders für seine Sprechanteile in deutscher Sprache bekannt. Dies war für die teilweise nicht muttersprachlichen Sänger jedoch kein Problem, da Gergen sich hier etwas ganz Besonderes ausgedacht hatte: Anstelle der Sänger wurden die Dialoge von Schauspielern eingesprochen und vom Band abgespielt, was den passenden Eindruck erweckte, man belausche das Geschehen über ein Funkgerät.
So düster die Inszenierung auch ist, die sängerischen Leistungen strahlten an diesem Abend dafür umso heller. Wenn auch nur im zweiten Akt präsent, so war es vor allem Franz Supper als Florestan, der alle übertraf. Mühelos übertönte er mit kräftigem Vortrag und Stimmfülle das Mozarteumorchester. Auch in den Höhen stets treffsicher schwebten seine Melodiebögen über dem Geschehen und zeichneten mit samtiger Textur das Bild eines gebrochenen Mannes, der dennoch an die Hoffnung glaubt. Diese Hoffnung in Gestalt der Leonore wurde von der irischen Sopranistin Sinéad Mulhern gesungen. Mulhern stand Supper in puncto kraftvollem Ausdruck in nichts nach.