„Wer mich gründlich kennt, der muss finden, dass ich dem Emanuel Bach sehr vieles verdanke, dass ich ihn verstanden und fleißig studiert habe.“ Joseph Haydns Zitat über C. P. E. Bach ist ein Paradebeispiel für das Ansehen Johann Sebastian Bachs Sohns als einer der, wenn nicht der bedeutendsten Vertreter des empfindsamen und auch ganz individuellen Berliner Stils in der richtig zur Epoche bringenden Nachfolge seines Hamburger Meisters Georg Philipp Telemann und eben Berliner Chefs Carl Heinrich Graun. Er war – bei Mozart neben seinem Bruder Johann Christian und sowieso bei allen geschätzten Bach Vater, Händel, auch Graun, Hasse und Johann Stamitz – nachweislich der „Theorie- und Clavierübungsmeister“ der drei großen Wiener Klassiker, für Haydn exemplarisch nochmals festgehalten in seinen Gesprächen mit Albert Christoph Dies, die dieser aufzeichnete und 1810 publizierte.
Und als solcher – mit gemeinsamem Förderer Baron van Swieten – stand er historisch ganz richtig auf dem eingespielten Schulen-Programm 1745-1775 Amandine Beyers Gli Incogniti, die zwei Hamburger Symphonien (immerhin als Besteller van Swieten gewidmet), ein Violin- und das Doppelkonzert für Geige und Cembalo Haydns sowie die erste Grande Symphonie in B-Dur des Mannheim-Vertreters Franz Xaver Richter beim Haydn-Festival der Brühler Schlosskonzerte präsentierten.
Ensembleleiterin und Solistin Beyer nahm das Treppenhaus von Augustusburg dabei als Koketterieobjekt mit dem Ungewohnten, als die Französin zu ihrer stets in örtlicher Sprache ans Publikum gerichteten knappen Begrüßung auf die besonderen Gegebenheiten für die Aufführenden hinwies. Denn nicht minder als hervorragend mit der akustischen Verstärkung arrangiert und daran akklimatisiert hatten sich Gli Incogniti, die Richters mannheimisch-böhmischem Draufgängertum aus Moderne und barockem Reminiszenzidiom den nötigen Spirit verliehen. Gespeist aus dem der Gruppe ganz eigenen Verständnis von Organität und Musizierfreude machten sie gehörigen Eindruck mit ihrem dynamisch, rhythmisch und auch phrasierend kontrastierendem Spiel, das – neben sowieso, später in den Solikonzerten noch deutlicher, abgestimmtester Balance nach innen und außen – unerlässlich ab jenem neuem Stil in antiphoner Aufstellung erst recht richtig zur Geltung gelangte.
Nach derart schon einnehmendem Allegro assai kostete das Orchester ganz genüsslich (das heißt – wie jeden folgenden langsamen Satz – nicht träge!) das Andante als streichersinfonisches Kleinod aus, indem es sich trotz der Bogenstärke durch Leichtigkeit an Melodie und Harmonik erfreute. Vollends Beyers Einleitung als benanntes Understatement entlarvend warfen Gli Incogniti in Richters Finalpresto mit feurigem Selbstvertrauen nur so um sich, so dass Bachs darauf bei aller Diffizilität brillant intonierter Kopfsatz der h-Moll-Symphonie im sinuserregten Energieaustausch der Violingruppen um Beyer und Alba Roca wie eine Fortsetzung einer an sich qualitativ durchgängig rausschmeißerischen Zugabenaneinanderreihung anmutete. Geht dieser eigentlich unmerklich in das kürzere Larghetto über, erregte Bachs furioses Presto in verstörender Klangwechsel-Extravaganz umso mehr positivste Aufmerksamkeit, als sich der zweiseitige Touch aus sportlich-körperlicher, lässiger Ent- und spielerisch-enthusiastischer Anspannung im lüsternden Wohlklang ausdrückte.