Gut Ding will Weile haben. Bereits 1965 bekam der ungarische Komponist György Ligeti von der Stockholmer Oper einen Kompositionsauftrag; an dem bestellten Bühnenstück arbeitete er aber erst zwischen 1975 und 1977, bevor es dann 1978 uraufgeführt wurde. Die Oper, mit einem Libretto von Michael Meschke und György Ligeti, basiert auf La Balade du Grand Macabre (1934) von Michel de Ghelderode, dem belgischen Meister des absurden Theaters. Die menschlichen Triebe stehen darin ungeschminkt im Rampenlicht. Ligeti musste in Folge feststellen, dass er „hinsichtlich der realen (und oft enttäuschend groben) Bedingungen des Opernbetriebes ziemlich naiv gewesen“ sei, aber erst 1996 überarbeitete er seine Oper schließlich gründlich. Diese nun allein gültige Fassung kam 1997 in Salzburg bei den Sommerfestspielen zur Uraufführung.
Le Grand Macabre ist eine Komposition, die in kein Klischee passt: sie ist einerseits eine Oper über die Oper, zehrend von „Tiefgekühltem“ aus der Geschichtstruhe. Sie verdankt daneben vieles der rebellischen Pop-Art und atmet nicht zuletzt Tiefgründiges aus der Tradition des mittelalterlichen Totentanzes, des Mysterien- und des Jahrmarktspiels. Grundthema der Oper ist laut Ligeti „die Aufhebung der Angst durch Verfremdung, indem man sehr ernste Dinge lächerlich macht.“
Über die Entstehung seiner Anti-Oper erzählte Ligeti, dass er „musikalische Fetzen“, verbrauchtes Material „wie aus einem Mülleimer“ geholt hatte, um sie für seine Zwecke umzuformen. Ein gutes Beispiel dieses Recycelns ist die erste Arie der Mescalina. Ligeti zitiert hier gleichzeitig chromatische Läufe von Liszt, den Cancan von Offenbach und (in der Tuba) den Fröhlichen Landmann von Schumann.
Das große Manko der tadellos besetzten Amsterdamer Aufführung war die fehlende Regie. Auch bei einer konzertanten Aufführung darf man bei so einem explosiven Werk ein Minimum an Requisiten und schauspielerischer Aktion erwarten. Die ehrwürdige ZaterdagMatinee jedoch überließ die 17 beteiligten Sänger selbst ohne Kostümandeutungen gänzlich ihrem rein musikalischen Schicksal. Dadurch blieb vieles von Ligetis Absurditäten, vor allem aber der abgründige Schabernack auf der Strecke. James Gaffigan hatte alle Hände voll zu tun, um das oft zu laut operierende Radio Filharmonisch Orkest im Zaum zu halten. Die ansonsten ausgezeichneten Bläser strapazierten immer wieder bis an die Schmerzgrenze hin die Trommelfelle des Publikums im Saal. Auch der Große Radiochor des Holländischen Rundfunks kam dadurch nicht immer optimal zur Geltung. Bassbariton Martin Winkler musste sich als Nekrotzar mit seinem wunderbar entspannten tiefen Register ab und zu selbst dirigieren, was ihm glücklicherweise bewundernswert locker und präzise von der Hand ging.