Die Osterfestspiele in Salzburg bieten ihrem Publikum immer ein besonderes Erlebnis und faszinieren mit aufwendigen Produktionen. Eine solche Produktion ist auch das Kammermusikprojekt von und mit Isabel Karajan, das bei den letztjährigen Schostakowitsch-Tagen in Gohrisch uraufgeführt wurde. Wie schon Isabel Karajans Vater und Gründer der Osterfestspiele Salzburg Herbert von Karajan beschäftigte auch sie sich intensiv mit Dmitrij Schostakowitschs Werk und Leben. Fräulein Tod trifft Herrn Schostakowitsch: Eine szenische Collage über die Angst betrachtet dabei besonders den Aspekt der ständigen Angst vor dem stalinistischen Regime.
Das ganze Projekt setzt sich aus Schostakowitschs Musik, Texten russischer Autoren und der szenischen Umsetzung durch Isabel Karajan zusammen. Dem Zuschauer bot sich so ein vielfältiges audiovisuelles Spektakel, das die beiden Themen Angst und Tod in verschiedenartigen Blickwinkel beleuchtete. Es ist ein Projekt, das sich stärker zur Seite des Schauspiels lehnt als zur Seite des Konzerts, und entsprechend der Collagenform des Titels erklang die Musik nur in einzelnen Sätzen der Kompositionen anstelle des ganzen Stückes. Lediglich das zentrale Werk, das Streichquartett Nr. 8, wurde in seiner Gänze von fünf Sätzen aufgeführt.
Dabei wurden alle Elemente gezielt und bedacht nach ihrer jeweiligen Stimmung ausgewählt: Die gespielten Sätze wurden in Beziehung zu den Texten gesetzt, denn auf jeden Text, der von Isabel Karajan szenisch interpretiert wurde, folgte eine in ihrer Stimmung angepasste Musik, gespielt von dem Dresdner Streichquartett und/oder dem Pianisten Jascha Nemtsov. So ging dem dynamisch reißenden zweiten Satz des Streichquartetts ein Ausschnitt aus Pugatschow voran, einem Drama aus der Feder eines der bekanntesten und beliebtesten russischen Dichter des 20. Jahrhunderts, Sergej Jessenin. Er wurde von Isabel Karajan in einer wild verrückten Darbietung dargestellt, in der sie von dem einem Bein aufs andere hüpfte, Grimassen schnitt und sich den imaginistischen Text regelrecht aus der Seele schrie.
Das Instrumentalensemble spielte durchwegs sehr spitz und akzentuiert, mit besonders kurzem Staccato. Dadurch entstand ein kühler, fast schon steriler Klang, der im starken Kontrast zu Isabel Karajans feurigem Spiel stand. Im Klavierquintett schimmerten alle fünf Musiker mit ihren unterschiedlichen Themen durch, und obgleich ihre Linien zumeist parallel und ineinander verschlungen verlaufen, so war der Gesamtklang doch derart transparent, dass jede einzelne Stimme dennoch klar herauszuhören war und sich durch die ausgewogene Abstimmung der Musiker untereinander den gesamten Abend hindurch ein wohlbalanciertes, angenehmes Zusammenspiel ergab.
Karajans „Spielfläche“, auf der sie sich emotional austobte und verschiedene Gemütslagen präsentierte, war gerade einmal einen Quadratmeter groß, das Schauspiel fand nämlich ausschließlich auf drei übereinander gestapelten Paletten statt, die auf einer farblosen Kunststofffolie standen, welche den gesamten Boden und die hintere Wand der Bühne bedeckte. Zu Beginn der Aufführung waren die Paletten aber noch von einem schwarzen Vertikaltuch abgedeckt, das von der Decke hing und im Verlauf der Performance für akrobatische Einlagen genutzt wurde.