„Wie schwer es doch ist, glücklich zu sein” hat Regisseurin Tatjana Gürbaca als ihr Motto für Puccinis Triptychon an der Wiener Staatsoper gewählt, und den Bühnenhintergrund für das erste Stück Il tabarro (in dem Giorgetta eben die Worte „Come è difficile esser felici” spricht) mit Neonschriftzügen von Henrik Ahr gestalten lassen. Von diesem Hintergrund bleibt in Suor Angelica nur das „Sein” übrig, und in Gianni Schicchi „Glück”, auch wenn die Abwesenheit von letzterem (oder die Sehnsucht danach) der rote Faden in diesem Werk ist. Besser hat man es da schon als Staatsopernpublikum, denn es blieben an diesem Abend kaum Wünsche offen.
Il tabarro spielt im Pariser Hafenmilieu, konkret rund um den Lastkahn von Michele, zu dessen Besatzung auch seine Ehefrau Giorgetta und Arbeiter gehören. Puccini lässt die Arbeiter ihr hartes Leben besingen, zeigt sie aber auch bei der Gestaltung ihrer spärlichen Freizeit. Allerdings ist von Hafenschmutz und -arbeit nichts zu sehen, erinnert nur die Musik mit ihren kurzen Bohème-Zitaten an die wenig glamourösen Seiten der Seine-Metropole.
Das Arbeitermilieu wird durch ein Kostüm mit neongelber Warnweste ebenfalls bloß angedeutet, der Rest der Kostüme (Silke Willrett) verströmt eher amerikanisches Campus-Flair. So kommt etwa Giorgettas Liebhaber Luigi wie frisch gebügelt von der Verlade-Arbeit und macht in diesem Aufzug nicht nur auf seine Geliebte mächtig Eindruck. Mit dem Tenor Joshua Guerrero hat man die Idealbesetzung für diese Partie gefunden, denn sein schön timbriertes Instrument hält in den leidenschaftlichen Szenen mit Elena Stikhinas stimmstarker Giorgetta und den Orchesterwogen mit. Leidenschaft und Eifersucht (immerhin denkt er sich eine Kette aus Blutstropfen für Giorgetta aus) nimmt man ihm ebenso ab wie den Arbeiter, obwohl er Pastellfarben wie aus Miami Vice tragen muss.
Ein kostümtechnisch härteres Los fällt den Damen zu, denn ein unvorteilhaft hochflatterndes Röckchen zu Baseball-Blouson und toupierter Perücke ist eine Zumutung, gegen die Monika Bohinec als Katzenfreundin Frugola jedoch mehr als nur tapfer ansang. Auch Elena Stikhina ließ mit ihrer Darbietung ein pinkfarbenes Kleiderdesaster mit weißem Gürtel vergessen, gestaltete die Zerrissenheit zwischen Lebenshunger und Pflichtgefühl gegenüber ihrem Mann glaubhaft. Carlos Álvarez gestaltete Michele als grundsätzlich großzügigen Menschen, der sich jedoch vom Schicksal nach dem Tod des gemeinsamen Kindes nicht auch noch die Frau entreißen lassen will, und sich in dieser Inszenierung lieber selbst richtet. Der Rest der Hafenbevölkerung (ein Liebespaar, ein Liederverkäufer, Statisten) kommentiert das Geschehen überwiegend aus dem Hintergrund, womit die Nöte der Protagonisten in den Vordergrund rücken. Deren großartige und mitreißende Leistungen erweckten das Stück zum Leben.
Geht es in Il tabarro noch um geplatzte Lebensträume und Hoffnungen auf ein besseres Leben, so ist das Klosterleben, in dem sogar das Wünschen untersagt ist, Endstation für Suor Angelica, da sie mit einem unehelichen Kind Schande über ihre adlige Familie gebracht hat. Anlässlich des Besuchs ihrer fürstlichen Tante, die ihr nach sieben Jahren Funkstille die Unterschrift zur Aufteilung des Familienvermögens abringt, erfährt Angelica, dass ihr Kind bereits zwei Jahre tot ist, und nimmt sich das Leben (in Gürbacas Inszenierung durch das Verschlucken von Spiegelscherben).