Es ist interessanterweise ausgerechnet das Bonner Beethovenfest, das bei seiner diesjährigen Ausgabe mit der Reihe Rheinischer Originalklang und Rheinische Musikfeste an die Tradition der Niederrheinischen Musikfeste erinnerte, die vor zweihundert Jahren ihre Premiere erlebten. Dabei gehörte die Stadt am Rhein trotz mancher Hoffnung aufgrund ihres jeweils fehlenden Profikonkurrenzorchesters, finanzstarken Mäzenentums und einer größeren Persönlichkeit noch nicht einmal zu den Veranstaltern, die die bedeutenden Festspiele im Rheinland ausrichteten. Mit Ferdinand Ries sollte der Bonner Komponist und Schüler Beethovens allerdings eine gewichtige Rolle spielen, indem er acht Feste leitete, worin 1829 die Uraufführung seines Oratoriums Der Sieg des Glaubens fiel.
Dieses im Druck eines Klavierauszugs in der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn befindliche Stück hatte Hermann Max im rheinischen Dormagen vor Jahren aufgeführt und eingespielt. Nun hoben es Christoph Spering und sein Orchester Rheinton, das sich auf spezielles Repertoire aus der Mitte des 19. Jahrhunderts mit „rheinischem Instrumentarium“ spezialisiert, zusammen mit seinem Chorus Musicus Köln – und regional sowie semiprofessionell vom Bonner Kammerchor unterstützt – wieder auf das Podest, das historisch nicht der Keilförmigkeit und ganz der Größe der Mitwirkenden bedurfte. Dennoch war es mit einhundertsechsunddreißig Aufführenden gut gefüllt, wobei die Choristen mit fünfundachzig Stimmen antraten, die es bei teilweiser Konstitution der Gemeinschaft auch brauchte, um in der problematischen und undankbaren Akustik des WCCB-Saals – zumindest hier entschwindet Glaube und Hoffnung auf einen vernünftigen städtischen Saal – entsprechend der Anlage und dem Effekt der konzipierten Chorwerke bis in hintere Reihen empfunden zu werden.
Dort war jedoch stets die Wärme und Lieblichkeit des Chors der Gläubigen zu vernehmen, die sich im zweiten Teil des Oratoriums einen Wettstreit mit den Ungläubigen liefern, wozu Spering seine „Gewandhaus-Paulus-Aufstellung“ aus mittigen Männer- und seitlichen Frauenstimmen nochmals aufteilend arrangierte. Im aufrüttelnden „Herr! Du bist mächtig“ des ersten Teils blieb der Männerchor der Gläubigen – gleichsam wie alle im „Stark ist des Glaubens Macht“ – im noch zu besonnenen Drama ohne Wucht, wobei die Tenöre generell etwas unfeiner herausfielen. während die Bässe noch sonorer hätten agieren müssen. Die ersten Gegenrufe der Ungläubigen hatten hingegen zu brausender Stärke gefunden. Und zwar endlich so sehr, dass zu aller Verwunderung in der Generalpause des „Euer Glaube ist uns Spott“ sogar der feurige Ton einmal durch den Raum schallte. Leider nur einmal in dieser Realität, da sich ein richtig packender Kampf zwischen den beiden nicht entwickelte, obgleich sowohl die (weiblichen) Gläubigen ihr Mittel der ruhigen Harmonie noch besser einzusetzen wussten als auch die Ungläubigen allerdings schon gegen Ende ihrer Schlacht – vor allem in den Wiederholungen – ihren Biss spürbarer einzubringen verstanden.