So glanzvoll und interessant das Programm des hr-Sinfonieorchesters an diesem Abend auf dem ersten Blick scheint – das erst 2015 wiederentdeckte Chant Funèbre, Op.5 von Igor Strawinsky, Beethovens Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll, Op.37 und Béla Bartòks Konzert für Orchester, Sz 116 – alle drei Werke entstanden aus verschiedenen Lebenskrisen der Komponisten. Strawinsky komponierte die Trauermusik anlässlich des ihn zutiefst treffenden Todes seines Lehrers Nikolaj Rimskij-Korsakow, und Bartóks Orchesterkonzert entstand kurz vor seinem Tod, im von Heimweh, materiellen Sorgen und Krankheit geprägten amerikanischen Exil. Und auch Beethovens Leben war voll von Sinn- und Schaffenskrisen. Sein Drittes Klavierkonzert komponierte er als sich seine Hörschwäche immer stärker bemerkbar machte.
Konzertauftakt war Strawinskys Chant Funèbre und bildete zugleich den nachdenklich stimmenden Ruhepol des Abends, dessen Interpretation vom bedrohlichen Wabern der tiefen Streicher und den überaus präzisen Tremoli der Geigen geprägt waren. Mit fließenden dynamischen Abstufungen, Tempisteigerungen und satten Klangfarben beeindruckte Karina Canellakis' Dirigat, dem auch das Orchester äußerst eloquent folgte.
In Beethovens Klavierkonzert zeichnete Canellakis sogleich eine sehr aktive Orchesterbeteiligung, die nie zur bloßen Begleitstimme verkam, sondern sich eng an die Stimme ihres Pianisten Lars Vogt anschmiegte, diese zuweilen sogar vereinnahmte und ausstach. Mit dem Einsatz von Naturhörnern bei den Blechbläsern färbte sie einen zunächst ungewöhnlichen Klang, der jedoch seinen Reiz hatte. Vogts Klavierspiel war geprägt von absoluter Innigkeit, als ein Pianist der bewusst die Distanz zum Werk verliert, um den Gefühlen des Komponisten, etwa der inneren Zerrissenheit Beethovens, in seinem Spiel Ausdruck zu verleihen.