Sechs Brandenburgische Konzerte gibt es, vier Orchestersuiten. Alle haben aufgrund ihrer Technik und Besetzung unterschiedliche Reize und illustrieren einmal mehr Bachs Omni-Genialität in seinem Schaffen aus Kontrapunkt, Sensibilität und künstlerisch-rationaler Verzahnung wissenschaftlicher sowie menschlicher Musikalität. Seine Kompositionen sind uns durch Sinfonie und Arien in seinen gut zweihundert Kantaten so vertraut und belegen die Einzigartigkeit der strukturellen Einarbeitung. Alles scheint deshalb altbekannt! Und dann sind das Amsterdam Baroque Orchestra und Ton Koopman noch Interpreten am großen Bach-Abend in der Kölner Philharmonie.
Doch: Auf der Tour der Bachkenner zeigten sie mit der Auswahl von Konzerten, Suiten und Sinfonie aus ebenfalls sechs Stücken (Bach hätte Freude an dieser nicht nur mathematischen Spielerei!), dass seine differente Instrumentalmusik in einen Kosmos gehört, von dem gar nicht soviel sicher geklärt ist. Offensichtliche Verbindungen ergeben sich nicht nur durch die Universalität der Musik, die höfisch-galante Sprache, Tonarten und Besetzung in den Suiten sowie dem Konzertsatz BWV 1045, sondern natürlich durch Parodie.
Französisch, festlich begann der Bachabend mit der dritten Orchestersuite, in der nach dem noch etwas , langsamen Ouvertürenteil das Ensemble flirrende Spielfreude an den Tag legte. Obwohl im Tempo relativ gemäßigt, zelebrierte es die Vite tänzerisch leicht, mit federnden Streichern, akzentuierten Bassakkorden und konturverleihenden Oboen. Funkelnde Trompeten, stets unter dem lautstarken Gegrummel der Pauken, schmückten lebhaft diesen pompösen Satz. Durch die Aussagekraft der blanken Musik skelettierte Ton Koopman dann die vielfach etwas in Mitleidenschaft gezogene Air in ihre offene Schönheit und von alleine sprechende Emotionalität. Wunderbar enge, durch Agogik und Artikulation getragene, eindrückliche und gerade durch fast gänzlich fehlendes Vibrato weiche Streicher folgten ihm dabei perfekt. Die folgenden schnellen Tanzsätze komplettierten mit ihrer wieder ablösenden, energetischen Spritzigkeit das strahlende Fest in D, wobei die gut aufgelegten Naturtrompeten und kräftigen Bässe in trefflicher Balance der Suite ihren frischen Teint verliehen.
Dieser ging etwas verloren im D-Dur-Konzertsatz, der vermutlich eine Sinfonia zu einer verlorenen Kantate ist; jedenfalls erinnert er stark an die Einleitung zu Kantate 29 oder den Oratorien von Ostern und Himmelfahrt. Erhöhte Aufmerksamkeit und damit einhergehende – leicht spröde – Angespanntheit machte sich breit, um im verkappten Violinkonzert auf Konzertmeisterin Catherine Manson reagieren zu können. Sie hatte wörtlich die beide Hände voll zu tun, sich zwischen den Violinstimmen stehend Gehör zu verschaffen. Nicht immer gelang es ihr im äußerst flinken, schwierigen Doppelgriff-Meer, in dem die Intonation kurz litt, dem Stück seinen Stempel von heikler Kühnheit und munterer Farbigkeit aufzudrücken, der einerseits durch hervorragende Trompeten und Pauken aufgelöst, andererseits gekrönt wurde.