Auf ihren unzähligen Konzerttourneen durch die ganze Welt haben die Bamberger Symphoniker mit ihrem Chefdirigenten Jonathan Nott auch einen Stopp in Essen eingelegt. Mit im Gepäck hatten sie ein Mammutprogramm und zwei außergewöhnliche Solistinnen, die das Publikum mit ihren Stimmen in ihren Bann zogen.
Vor Mahlers gewaltiger Dritter Symphonie, die allein schon 100 Minuten dauert, wurde dem Essener Publikum Henri Dutilleuxs 2003 uraufgeführte Correspondances für Sopran und Orchester kredenzt. Dutilleux schrieb dazu in seinem Todesjahr 2013 noch eine neue Schlussfassung für Barbara Hannigan und diese Vertrautheit und besondere Beziehung zu dem Stück war in ihrer Interpretation deutlich spürbar. Das fünfteilige Werk greift auf Briefe und Gedichte von Rainer Maria Rilke, Alexander Solschenizyn, Prithwindra Mukherjee und Vincent van Gogh zurück, die mit Referenzen zu Debussy, Ravel, Strawinsky und Bartók vertont wurden.
Beherzt und unerschrocken läutete ein Akkord das Stück ein, nach dem Barbara Hannigan mit sehr klarer Stimme einstieg. Über das gesamte Stück hinweg zeigte Hannigan ihre in allen Lagen durchschlagskräftige Stimme. In der Höhe war sie sehr klar; kompakt präsentierte sie sich in der Tiefe und beim Übergang ins nahezu Gesprochene kam ein Hauchen hinzu. Durch diesen gesanglichen Facettenreichtum wurde das im Vergleich zu konventionellen Werken doch teils schwer zugängliche Stück eine spannende und aufregende Hörerfahrung. Dazu trugen natürlich auch die Bamberger Symphoniker bei: Die Beherztheit ihres Beginns zog sich durch das gesamte Stück, teils in überaus deutlich artikulierten Passagen und teils in sehr schwungvoll fließenden Parts.
Auch in Mahlers Dritter Symphonie zeigten sich die Bamberger Symphoniker mutig nach vorne preschend. Jonathan Nott wählte ein flottes Tempo für den Einstieg der Hörner, um dann mit heftigen Akzenten auf den Akkorden der einsetzenden Streicher und im nachfolgenden Diminuendo abzubremsen. Diese flexible Tempogestaltung schien auf gewisse Weise die Entwicklung dieses „Monstrums“, wie Mahler seine Symphonie selbst nannte, wieder, dessen Entstehungsprozess ihn fast zwei Jahrzehnte beschäftigte. Diese Symphonie geht der Frage nach dem Zusammenhang zwischen Mensch und Natur nach; ein ständig andauernder Denkprozess erklingt hier also.