Mit gebührender Spannung wurde diesem ersten Konzert nach den Sommerferien entgegengefiebert. Nachdem der Chefdirigent Daniele Gatti vom Orchester entlassen wurde, erklärte sich Manfred Honeck kurzfristig dazu bereit, das Konzert des Royal Concertgebouw Orchestras – bei gleichbleibendem Programm – bei den Robeco SummerNights in Amsterdam den zu leiten.
Die 5 Sätze für Streichquartett von Anton Webern sind kurze Klangvisionen, die Musikern und Publikum auch 110 Jahre nach ihrer Entstehung eine gewaltige Konzentrationsaufgabe abverlangen. Weberns Kammermusik enthält eine Expressionsdichte, bei der es auf jede Nuance ankommt. Gleichzeitig herrscht „scheinbar vollkommene Fessellosigkeit“ wie der Wiener Musikkritiker Paul Stefan anlässlich der Uraufführung 1910 schrieb. Unter den gegebenen Umständen war es für die Streicher des KCO sicherlich eine schwierige Aufgabe, diese von Webern selbst 1929 bearbeitete Streichorchesterfassung zu ihrem Recht zu kommen lassen. Das Cellosolo der hervorragenden Tatjana Vassiljeva zu Anfang des zweiten Satzes Sehr langsam stach überzeugend hervor.
Auch die Solistin Annett Fritsch hatte in den folgenden 5 Orchesterliedern von Alban Berg keinen leichten Stand. Der noch immer mit großen Bewegungen dirigierende Honeck hatte Schwierigkeiten, das Orchester dynamisch unter Kontrolle zu halten, weshalb Fritsch in „Seele, wie bist Du schöner” nicht immer gut zu hören war. Die aphoristischen Ansichtskartentexte von Peter Altenberg („Leben und Traum vom Leben, plötzlich ist alles aus..”) leuchteten wie Glühwürmchen aus der vielschichtigen und groß besetzten Orchestermusik von Berg heraus. Bei den tiefen Noten der Solostimme des letzten Liedes, „Hier ist Friede”, ist Bergs Orchestrierung zusätzlich so schwer, dass es jeder Solistin erhebliche Mühe bereiten muss, sich durchzusetzen. Fritsch hatte jedoch eine sehr angenehme schlichte Strahlkraft, die gut zu diesen Orchesterliedern passte.