Darmstadt-Kranichstein ist im Sommer reich an Grün. In diesem Jagdschloss, das von den Bomben des Zweiten Weltkriegs nicht groß beschädigt wurde, fand 1946 der Vorläufer der Internationalen Ferienkurse für Neue Musik statt. Die sogenannten Kranichsteiner Ferienkurse, die eigentlich „Ferienkurse für internationale neue Musik“ hießen, wurden vom damaligen Kulturreferenten und Leiter des Kulturamtes der Stadt Darmstadt Wolfgang Steinecke organisiert und nach drei Jahren vom Jagdschloss in öffentliche Gebäude der Stadt verlegt. Bis heute werden sie von zahlreichen zeitgenössischen Komponisten, Instrumentalisten, Journalisten und Wissenschaftlern besucht und bieten vor allem für Komponisten sowie Instrumentalisten Konzerte und Unterricht an, um der Neuen Musik eine Zukunftsvision zu geben.
In diesem Umfeld haben sich über die Jahre außergewöhnliche historische Begegnungen ergeben. Führende Komponisten wie Luigi Nono, Pierre Boulez und Karlheinz Stockhausen trafen in Darmstadt zusammen und brachten eine Weiterentwicklung der Kompositionstechniken auf den Weg. Darin bestätigt sich auch die urspüngliche Idee der Ferienkurse. Sie sollten dem Neustart der deutschen modernen - von der nationalsozialistischen Kulturpolitik befreiten - Kunstgeschichte dienen. Als solche Veranstaltung haben sich die Ferienkurse als Institution im Bereich Neue Musik etabliert. Eine international anerkannte Stellung wurde schon in den ersten Jahren gefördert, und es wurden Dozenten aus den unterschiedlichsten Ländern eingeladen. So sah man dort bereits im ersten Jahr Maurits Frank aus den Niederlanden, René Leibowitz aus Frankreich, Peter Stadlen aus England und Rolf Liebermann aus der Schweiz. Mit der Zahl der internationalen Gäste wuchs auch die Zahl der internationalen Besucher, die schon 1956 die Hälfte aller Besucher ausmachten.
Im Jahr 1948 gründete die Stadt Darmstadt als tragende Körperschaft der „Internationalen Ferienkurse für Neue Musik“ das „Internationale Musikinstitut Schloß Kranichstein“, das 1963 in „Internationales Musikinstitut Darmstadt (IMD)“ umbenannt wurde. Neben der Organisation der Ferienkurse dient es zur Vernetzung unterschiedlicher Strömungen in der Neuen Musik und zur Archivierung der Dokumente seiner eigenen Geschichte: Seit 1958 dokumentiert es die innerhalb der Kurse stattfindende Diskussionen in der Reihe Darmstädter Beiträge zur Neuen Musik, die beispielsweise Vorträge von Komponisten wie Luigi Nono, John Cage oder Wolfgang Rihm beinhalten. Außerdem war das Institut für die Verleihung der Preise für Interpretation, Komposition und Musikpublizistik wie dem Kranichsteiner Musikpreis (1952 bis 2005) und dem Reinhard-Schulz-Kritikerpreis (seit 2012) verantwortlich.