Der 1947 geborene Komponist John Adams gehört sowohl zu den schillernden als auch umstrittenen Persönlichkeiten der US-amerikanischen Kulturszene. Schillernden aus dem Grund, da seine Kompositionen, ob aus seiner minimalistischen oder postminimalistischen Phase, sich auf dem „Markt“ durchgesetzt haben und sowohl von Musikern als auch dem Publikum geschätzt werden. Umstritten, durch seine vor allem im Bereich des Musiktheaters zum Teil unkonventionellen Stoffe, die sich nicht selten als politischer Zündstoff erweisen, so beispielsweise die Oper The Death of Klinghoffer, deren Aufführung 2014 an der New Yorker Metropolitan Opera sich zu einer Kontroverse über Antisemitismus und Verherrlichung des Terrorismus auswuchs.
Auch Adams neueste Komposition Scheherazade.2, eine dramatische Symphonie für Violine und Orchester, die 2014/15 entstanden ist und ihre Uraufführung mit der Solistin des Abends, Leila Josefowicz, begleitet von den New Yorker Philharmonikern unter Alan Gilbert erlebte, befasst sich wieder mit einer Thematik, die zu Recht politischen wie sozialen Brennstoff in sich trägt. Angeregt durch den Besuch der Ausstellung Arabische Nächte am Pariser Institut du monde arabe, die sich, ausgehend von der Geschichte der Prinzessin Scheherazade, mit der Entwicklung der Frau und dem Frauenbild in der arabischen Welt auseinandersetzte, komponierte er dieses Werk in Auseinandersetzung mit den Schicksalen weltweit unterdrückter, bedrohter, gefolterter, gedemütigter, verschleppter, an den Pranger gestellter und erschossener Frauen. Als Vorlage dafür diente ihm, wie der Titel dieser Schöpfung andeutet, die symphonische Dichtung Scheherazade des russischen Komponisten Nikolai Rimsky-Korsakow, die ebenfalls als viersätziges Werk für Solovioline und Orchester konzipiert ist.
Zweifelsohne ist auch Leila Josefowicz eine Heldin dieses Werkes, was sich in ihrer Interpretation niederschlägt. Ihr Dialog mit dem Orchester weist sie aufgrund ihrer ausgefeilten Technik und ihres Spiels mit dem ganzen Körper als moderne Scheherazade aus. Sie spielt nicht nur das Konzert, sondern hat auch eine Geschichte zu erzählen, und diese Geschichte ist eine hochvirtuose und technisch nicht leicht zu meisternde. Dies gilt auch für den Orchesterpart dieser rauschhaften postminimalistischen Komposition, doch diese Schwierigkeiten merkte man dem Finnischen Radio-Sinfonieorchester unter Hannu Lintu, der an diesem Abend sein Debüt am Wiener Konzerthaus feiern durfte, nicht an.