Der Nestor der Niederländischen Komponisten Louis Andriessen ist dieses Jahr 80 Jahre alt geworden. Ihm zu Ehren hat der Niederländische Rundfunk im Rahmen der ZaterdagMatinee ein Konzert unter dem Titel Andriessens Liebe zur Französischen Musik gewidmet und das groß besetzte Werk Chronochromie (1960) des von ihm bewunderten Olivier Messiaen aufs Programm gesetzt. Oliver Messiaen war 1971 als erstem Komponisten überhaupt der niederländische Erasmuspreis verliehen worden. Vor einigen Tagen erst wurde nun dem amerikanischen Komponisten John Adams – wie Andriessen ein Vertreter der Minimal Music, die in Amerika ihren Ursprung hatte – der diesjährige Preis überreicht.
Von dort, nämlich aus Los Angeles, kam auch der Kompositionsauftrag für Andriessens neues Werk The only One auf 5 Gedichte der flämischen Dichterin Delphine Lecompte. Andriessen hat diese außerordentlich wortgewaltigen Kleinoden leider nicht im Original vertont (auch im Programmheft waren die Gedichte nicht im Niederländischen nachzulesen), sondern Lecompte um Übersetzungen ins Englische gebeten. In diesen Übersetzungen geht Einiges von der surrealistisch-suggestiven Kraft der eigensinnigen Texte verloren. Die von Andriessen favorisierte Sängerin Nora Fischer zog zu jedem Lied ein anderes Kostüm an, was jedoch dazu führte, dass die Suche nach den auf verschiedenen Stellen des Podiums hinterlegten Kleidungsstücken nicht nur die Konzentration von Publikum und Musikern störte, sondern auch einen negativen Effekt auf Fischers Stimme hatte. Sowohl ihre Intonation als auch das ihr eigene wunderschöne Timbre kamen in den teilweise an Kurt Weil erinnernden Liedern wenig zur Geltung. Fischer gab sich alle Mühe, war jedoch trotz eines Mikrofons nicht immer über dem Klang des Orchesterensemble herauszuhören. Dirigent Bas Wiegers war wohl der Letzte, den man hierfür zur Verantwortung ziehen konnte. Er hatte sich kurzfristig bereit erklärt, das äußerst anspruchsvoll und außergewöhnlich programmierte Konzert unverändert von Ryan Wigglesworth zu übernehmen. Vor 20 Jahren hatte Wiegers noch an der Uraufführung von Andriessens Oper Writing to Vermeer als zweiter Geiger mitgewirkt, nun machte er sein Debüt beim hervorragend spielenden holländischen Radioorchester.