„Das hier ist eine Low-Budget-Produktion. Das merken sie zum Beispiel daran, dass wir heute bei den Stühlen für das Orchester gespart haben“, scherzte Dirk Kaftan zu Beginn der zweiten Philharmonischen Soirée im Kammermusiksaal des Congress Graz, für die die Grazer Philharmoniker zu einem Streichorchester geschrumpft wurde. Ganz so extrem gespart wurde aber natürlich nicht, die Geigen und Bratschen hatten sich freiwillig, um der Energie der Werke gerecht zu werden, dafür entschieden, im Stehen zu spielen. Dem Abend haftete überhaupt eine entspannte Ungezwungengenheit an, wozu auch die Atmosphäre des kleinen Saals beitrug. Die nicht vorhandenen Programmhefte - hier wurde wirklich gespart! - wurden durch eine kurze Einführung von Kaftan in die Entstehungsgeschichte und Thematik der gespielten Werke wett gemacht.
Gemeinsam haben die programmierten Werke nicht nur die Entstehungszeit rund um den zweiten Weltkrieg, sondern auch die intensive Auseinandersetzung der Komponisten mit den Themen Herkunft und Identität. So beschäftigte Britten sich mit den Facetten seines Lehrers und auch mit jenen seiner eigenen Persönlichkeit; Copland verarbeitete die tiefe Einsamkeit und soziale Isolation, die er als Reaktion auf seine Homosexualität erfuhr; Bartók komponierte das Divertimento, kurz bevor er aus Ungarn fliehen musste. In allen drei Werken klingen nicht nur die persönlichen Aufs und Abs der Komponisten durch, sondern auch ihre jeweiligen Herkunftsländer: Die englische Küste mit ihrem rauschenden Meer, das jazzige Amerika und ungarische Volkstänze bilden die Zutaten für eine spannende musikalische Mischung.
Den Anfang machten Benjamin Britten Variationen über ein Thema von Frank Bridge, in denen er Episoden und Stimmungsbilder aus seinem und Bridges Leben zu zehn Variationen verwob. Das Orchester vollzog die stets schnellen Wechsel zwischen den Emotionen mit Präzision und Verve. Dem Humor ließen sie in der Aria Italiana mit beinahe zu Gitarren umfunktionierten Geigen freien Lauf; im Wiener Walzer klangen in atemberaubenden Tempi rauschende Bälle an, und in der getragenen Klangwelt des Funeral March trugen die Instrumente Trauer. Alle Stimmungen umfassend blieb die in den Bässen zu hörende latente Bedrohlichkeit, der unheimliche Unterton, der die effektvolle Interpretation begleitete.