Angesichts der aktuellen Lage sehnt man sich nicht gerade der kalten Jahreszeit entgegen, doch in Hinblick auf Konzertprogramme wie die Winterreise mit einem so erlesenen Solisten wie Peter Mattei wünscht man sich geradezu die romantisch melancholische Welt des einsamen Wanderers aus der Feder Wilhelm Müllers und Franz Schuberts herbei. Der Liederabend an der Oper Frankfurt wurde zu einem besonders beeindruckenden Konzerterlebnis mit einer ungewöhnlichen aber noch lang nachhallenden Interpretation dieses Zyklus.
Mattei zählt zu den gefragtesten wie distinguiertesten Sängern des Opern- und Liedfachs. Er blickt auf eine internationale Karriere an den wichtigsten Bühnen der Welt zurück und trat erst kürzlich als Amfortas an der Opéra de Paris und Graf Almaviva an der Semperoper Dresden auf. Neben Opern- und Konzertauftritten zählt der Liedgesang und insbesondere Schuberts Winterreise zu seinem Kernrepertoire.
Sein Begleiter, der französische Pianist David Fray, ist ebenso renommiert und machte sich als Bach-Interpret früh einen Namen, wurde u.a. von Pierre Boulez und Christoph Eschenbach gefördert und tritt nun regelmäßig mit den großen Dirigent*innen und Sänger*innen unserer Zeit auf. Er bestach durch eine verspielte, schwerelose und fließende Interpretation Schuberts Musik, ganz in der Musik aufgehend, sich in ihr wiegend und gelegentlich mitsummend.
Durch Matteis differenzierte Interpretation wurde aus jedem Lied eine kleine Oper. Jedem Stück hauchte er ganz unterschiedliche Emotionen ein – ganz entlang der sich stets abwechselnden Tonarten – und gab dabei besonders auf Dramatik und Spannungsaufbau Acht. Seine kultivierte Stimme war agil und konnte von einem Ton auf den nächsten seine Stimmung verändern und behielt trotz zahlreicher dynamischer Abstufungen die dem Liedgesang so essentielle einwandfreie Artikulation bei. Der schwedische Bariton bestach mit einem schwermütigen aber nicht schwerfälligen Gesang, der die Geschichte des von seiner Geliebten verstoßenen Wanderers feinsinnig markant darbot, ohne seinen existenziellen Schmerz dramatisch zu überzeichnen.