Der russische Operndoppelabend am Theater an der Wien bestand aus zwei Werken von Pjotr Iljitsch Tschaikowsky, die den Beginn und das Ende seines künstlerischen Schaffens darstellen. Zu Gast war die Moskauer Helikon-Oper, ein 1990 gegründetes Ensemble, dass sich auf Opernproduktionen fernab des Konventionellen spezialisiert.
Von Undine (1870 uraufgeführt), Tschaikowskys zweiter Oper, ist nur ein Opernfragment erhalten. Die ursprünglich auf drei Akte angelegte Oper erhielt nicht den von Tschaikowsky erhofften Zuspruch und seinem Wunsch nach einer Aufführung am St. Petersburger Mariinski-Theater wurde nicht stattgegeben. Resigniert vernichtete er so große Teile des Werks, während er die wenigen erhaltenen Nummern beispielsweise für sein Schwanensee-Ballett und seine Zweite Symphonie wiederverwendet hat.
Die Oper Undine basiert auf der gleichnamigen Novelle von Friedrich de la Motte-Fouquet von 1811. Es ist die tragische Liebesgeschichte einer Art Meerjungfrau oder Wassernixe, die sich in den Ritter Huldbrand verliebt und diesen heiratet, um eine menschliche Seele zu erlangen. Da sich der Ritter jedoch zunehmend von ihr abwendet und gesteht, eine andere zu lieben, stürzt sich Undine in die Donau. Zur Vermählung Huldbrands mit seiner neuen Liebe erscheint Undine und rächt sich an ihm. Sie gibt ihm den Todeskuss und haucht sein Leben aus.
Die erhaltenen Szenen aus dem ersten und dritten Akt aus Undine mit einem Hochzeitsmarsch und Liebesduett bilden den Abschluss des Abends, überzeugen musikalisch jedoch nur bedingt. Tschaikowskys romantisches Frühwerk besticht durch einige schöne Melodien, die eine Naturatmosphäre evozieren und lautmalerisch einen Zauberwald, rauschende Flüsse oder andere Naturgewalten suggerieren. Die sehnsüchtige Musik mit ihren vielfältig eingesetzten Holzbläsern, sich steigernden Streicherklängen und Akzenten der Harfe spiegeln die Gefühlsausbrüche und das Beben im Herzen Undines wieder. Doch bis auf wenige wirklich schön klingende Tutti-Passagen wusste das Orchester unter Leitung Vladimir Fedoseyevs nicht zu überzeugen. Der aufbrausende überwältigende Klang des Chores machte die Defizite des Orchesters teilweise wett, konnte aber nicht auf die manchmal ins Poltern abdriftende musikalische Leistung hinwegtäuschen. Wenig differenziert spielten die Musiker und so vermochte diese Undine keinen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Dies mag jedoch auch der Fragmentartigkeit der Oper geschuldet sein.
Der ebenso märchenhafte Stoff um die Prinzessin Iolanta, die durch die Liebe das Augenlicht erlangt, wurde von Tschaikowsky in einer Oper verewigt, deren Geschichte ebenso ergreifend, wie deren Musik ist. Als Tschaikowsky mit der Arbeit an Iolanta begann, verkündete er „Ich werde eine Musik schreiben, die der Welt Tränen entlockt“.