Mit einer der vielleicht berühmtesten Opern aller Zeiten eröffnete jüngst die Hamburgische Staatsoper die Spielzeit 2016/17: Wolfgang Amadeus Mozarts Die Zauberflöte wurde dazu von der theatererprobten Regisseurin Jette Steckel in ein neues Gewand gekleidet und löste so die über dreißig Jahre alte Inszenierung von Achim Freyer auf der Opernbühne der Hansestadt ab.
Für die mehrfach mit Preisen ausgezeichnete Steckel handelt es sich bei der Zauberflöte nicht um die erste Operninszenierung: 2013 hatte sie bereits in Basel die Tosca inszeniert und letzte Saison eine Uraufführung des Musiktheaters Weine nicht, singe an der Staatsoper Hamburg gestaltet. Bei dieser Gelegenheit, die am Hamburger Thalia Theater gefeierte Regisseurin sah sich sogleich einer schwierigen Aufgabe gegenüber: Immer wieder werden Bezüge zur Freimaurerei, Geheimbünden und dergleichen mehr in Mozarts letzter Oper diskutiert und bis heute ist es der Musikwissenschaft nicht endgültig gelungen. Es ist naheliegend, diese Aspekte auch in einer Inszenierung zu thematisieren, allerdings wählte Jette Steckel in ihrer Lesart eine gänzlich andere Herangehensweise und stellt vielmehr die Figur des Tamino sowie dessen Freundschaft zum Vogelfänger Papageno ins Zentrum. Die Oper ist so als eine Rückschau des zu Beginn im Sterben liegenden Tamino konzipiert und eröffnet Steckel somit Spielraum für eine sehr eigene Herangehensweise an den Mozart'schen Opernstoff.
Noch während der Ouvertüre bricht ein weißhaariger, bärtiger Herr in der ersten Reihe zusammen. Sanitäter eilen herbei, legen den alten Mann auf eine Trage – und befördern diese unmittelbar auf die nebulös verhangene Bühne. Sogleich beginnt der Protagonist die Arie „Zu Hilfe, zu Hilfe, sonst bin ich verloren!“ zu singen und gibt sich so als gealterter Tamino zu erkennen, der offenbar kurz vor seinem Lebensende stehend den Tod fürchtet (und nicht etwa, wie in Schikaneders Libretto, eine Schlange) und sein Leben Revue passieren lässt: Als Kind von Nonnen aufgezogen, lernte Tamino bereits in Kindertagen Papageno (als Punk mit Dreads dargestellt) kennen und begab sich als junger Mann auf die Suche nach der Prinzessin Pamina.
Erst nach ungezählten Prüfungen und nunmehr als alter Mann sollen Tamino und Pamina endlich zusammenkommen. Die abenteuerliche Rettungsaktion kleidet Jette Steckel in ein jugendliches Gewand und lässt Tamino und Papageno in Computerspieloptik verschiedenste Prüfungen bestehen. Dazu ließen sie und ihr Bühnenbildner Flörian Lösche zahllose Schnüre mit LED-Lichtern daran von der Decke hängen, die in immer neuen Formationen blickten, blitzten, leuchteten und die Bühne sowie den Zuschauerraum mal in gleißendes Licht, mal in fahle Dämmerung tauchten oder – in den seltensten Fällen – einmal gänzlich verdunkelten.