Das Théâtre National de Chaillot war ausverkauft. Kein Platz blieb unbesetzt, um eine Größe der amerikanischen Tanzszene, das LINES Ballet von Alonzo King, zu sehen. Auch die Liebe zur zweifachen Grammy-Preisträgerin und Sängerin Lisa Fischer muss dafür gesorgt haben, das sich ein begeistertes Publikum zu Propelled Heart einfand. „Mit Herz muss getanzt werden“, sagt Alonzo King und mit Herz wurde auch gesungen. Zusätzliche musikalische Verstärkung mit sphärischen Klängen lieferte JC Maillard. Die Premiere des Werkes fand im November 2015 im Yerba Buena Center for the Arts Theater, San Francisco, statt. In Paris folgte nun die Erstaufführung in Frankreich, knappe zweieinhalb Jahre später.
Das Werk besteht aus zwei unterschiedlichen Musiken. Zum einen gibt es die Musik, zu der sich auch der Gesang von Lisa Fischer fügt, die mit sanfteren Tönen von metallischen Gitarrensaiten stammt. Sie erinnert an arabische Melodien an Folklore aus Nah- und Fernost, und weckt eine sanftmütige und etwas melancholische Stimmung, die Fischer ab und an mit ihrer präsenten Stimme durchbricht und in eine Soul-Ästhetik verwandelt. Die andere Musik ist elektronischer und rhythmusorientierter. Laute Bassmomente bringen nicht nur musikalische Energie auf die Bühne, sondern auch tänzerische. Wenn sie ertönt, und das tut sie nur in selteneren Momenten, brechen die Tänzer des LINES Ballett in einen wilden und schnellen Aktionismus aus. In beiden Musiken gibt es schöne Momente, aber man fragt sich, was sie miteinander verbindet. Die wechselnden Partien bleiben für sich stehen und man fühlt sich als Zuschauer etwas allein gelassen, weil sich weder durch die Musik noch durch den Tanz eine kohärente Narration entwickelt. Propelled Heart steht in der Tradition eines abstrakten Balletts, aber dennoch wurde ein dramaturgischer Spannungsbogen nicht verständlich, den aber jedes Stück – ob Handlungsballett oder abstrakt – braucht.
Lisa Fischer jedenfalls liefert auf den Punkt ab. Sie kann mit ihrem großen vokalen Umfang, ihren teilweise drei Mikrofonen (eins mit kaschiertem Bügel, und zwei in den Händen) und ihrer klaren und mal dunklen, mal hellen Stimme den Großteil der Musik bestimmen. Sie sampelt sich selbst, da die Mikros unterschiedlich eingestellt sind. Sie auf der Bühne zu sehen, in ein Mikro nach dem anderen singend, sind beglückende Momente, weil ihr die Leidenschaft der Musik ins Gesicht geschrieben steht. Emotionale Botschaften mit Texten wie „Free my soul“ oder „I lost my mind“ singt sind jedem zugänglich, leider stimmen die Tänzer nur teilweise darin mit ein. Non-verbale Interaktionen zwischen ihr und den Tänzern gibt es nur anfangs und auf der Bühne scheint Firscher größtenteils nur musikalisch in das Werk eingebunden zu sein. Ihre Auf- und Abgänge sind manchmal etwas hektisch und wirken nicht ausbalanciert.