„Pianistin bei Nacht, Globetrotter bei Tag. Vollzeit-Träumerin“. Mit diesem Motto präsentiert sich die in Rom ansässige Pianistin Beatrice Rana auf Twitter. In Interviews fällt ihre sympathische und aufgeweckte Stimme auf, die sich genauso einprägt wie ihre lockere Art des offenen Erzählens über sich und die Musik, die sie begeistert. Ganz anders jedoch ist ihre Erscheinung im Konzertsaal. In sich ruhend wie eine Sphinx und ohne die geringsten überflüssigen Bewegungen von Kopf oder Armen konzentrierte sich Beatrice Rana auf ihre Hände. Nur ihr Oberkörper bewegte sich leicht nach links oder rechts um die tiefsten und höchsten Register der Tastatur zu erreichen.
Ihr Debütkonzert in Amsterdam begann mit dem Blumenstück, das Schumann 1839 in Wien komponierte. Rana hob den einfachen Melodiebogen sehr deutlich und klanglich raffiniert hervor, sodass es den Anschein erweckte als spielte sie auf zwei verschiedenen Instrumenten. Die Wiederholungen erzählten nie das zuvor Gehörte einfach noch einmal, sondern boten neue Perspektiven oder vertieften das zuvor Gesagte. Ranas Rubato war stark und zwingend, aber nie übertrieben und kündete gleich in diesen ersten Minuten eine außergewöhnliche, sehr strukturierte Künstlerpersönlichkeit an. Im Pianissimo war das polyphone Linienspiel glasklar und lieblich, der Anschlag im Forte wollte dazu jedoch nicht immer passen.
Übergangslos setzte Rana dann die Symphonischen Etüden ein, als gehörten diese vier Jahre eher komponierten Variationen noch dazu. Dadurch erhöhte sie die Spannung und Konzentration im Saal und schaffte eine konspirative Atmosphäre wechselseitigen Einverständnisses mit ihrem Publikum. Trotz ihrer fehlerlosen Beherrschung dieser schwierigen Tastenkunststücke und der großen Differenzierung der Variationen – herausragend die wilde Jagd in der Neunten Variation Presto possibile, aberauch der träumerische Charakter der achten Variation im Stile einer barocken französischen Ouvertüre – blieb Ranas Interpretation reserviert und beinahe kühl.
Rana wollte mit ihrer Interpretation der Etüden von Robert Schumann die Klangfarben eines Orchesters imitieren und tat dies auch sehr durchdacht. Ihr Schumann klang im Forte oft hart und sie gebrauchte viel Pedal, was sie tat nicht aus Nervosität oder aufgrund von Schwierigkeiten mit der Saalakustik oder dem Flügel – diesen hatte sie sich tags zuvor nach gründlicher Prüfung selbst ausgesucht – tat. Sie fühlte sich auch sichtbar wohl, zuhause auf dem Podium hinter dem Flügel, genauso wie in ihrem Elternhaus, in dem vier Instrumente standen. Der von ihr für Schumann gewählte Klang war im Gegenteil eine ganz bewusste Wahl, die vielleicht nicht jedermanns Geschmack war, auf jeden Fall aber Respekt abverlangte. Hier hatte eine junge Künstlerin über jeden Aspekt ihres Programmes nachgedacht.