Unter dem Motto „Tanz des Lebens" steht die Styriarte im Sommer 2017 und so liegt es nahe, die Suiten zu zwei der bekanntesten Ballette in einem Konzertabend zu vereinen. Durchaus ungewöhnlich war es hingegen, Pyotr Ilyich Tschaikowskys Nussnkacker-Suite nicht wie üblich vor Weihnachten sondern am 1. Juli zu hören, was aber trotz festlicher Thematik (möglicherweise dank gemäßigter Außentemperaturen in Graz an diesem Abend) gar nicht allzu unpassend erschien; und die Schwanensee-Suite mit ihrem verliebten Federvieh ist ja ohnehin unabhängig von der Jahreszeit. Eingerahmt wurde die Musik von einer Lesung der den Geschichten zu Grunde liegenden Märchen durch die Schauspielerin Nora von Waldstätten. Spürbar in der Luft lag vor allem die Neugierde des Grazer Publikums auf die designierte Chefdirigentin der Grazer Oper, Oksana Lyniv, die an diesem Abend am Pult des bestens disponierten styriarte Festspiel-Orchester stand.
Lyniv zeigte am Pult große Präsenz und einen Blick für die vielen Zwischentöne in Tschaikowskys Musik. Sie sorgte den Abend über für fein differenzierte Dynamik, straffe Tempi und einen transparenten Klang. Vor allem den Nussknacker gestaltete sie etwas vom weihnachtlichen Glitzer befreit, was mir persönlich in der Adventszeit zwar vermutlich etwas zu wenig kitschig gewesen wäre, nun im Sommer aber ideal passte. Das Orchester ließ sich vollends auf Lynivs Interpretationen ein und agierte, trotz der häufigen Unterbrechungen durch die gelesenen Texte, stets präzise und auf den Punkt, mit idealer Balance zwischen den Instrumentengruppen.
Der Abend begann unvermittelt mit der Ouverture miniature des Nussknacker, die das Orchester vielschichtig und episch interpretierte; überhaupt wurden die ganze Suite hindurch üppige und bildhafte Klänge geschaffen, die atmosphärisch dicht in die Märchenwelt entführten. So wurden mal die Bläser zu eleganten Zinnsoldaten, dann ließ die Celesta die Zuckerfee überirdisch schimmern und die Flöten schwebten später leicht wie Sahnebaiser über dem Gesamtklang. Aber auch der latenten Melancholie wurde, etwa im arabischen Tanz bei lyrischen Klängen, die auch problemlos eine Schlange beschwören hätten können, reichlich Platz eingeräumt. Das Highlight war für mich klar der Blumenwalzer, bei dem Lyniv dem Orchester herrlich verzögerte Donauwellen entlockte und das Orchester zwar zu flotten Tempi anhielt, dabei aber dennoch alle Zeit der Welt für schwelgende Walzerseligkeit zu haben schien.