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In den Fängen flotter Fantasmen: Terradellas' Merope mit der Akamus und Corti

Por , 26 febrero 2025

16 beziehungsweise 14 Jahre ist es her, da stolperte ich tatsächlich erstmals über Domènech Terradellas, der gegen Ende des Spanischen Erbfolgekriegs 1713 in der Region Barcelona geboren wurde. Juan Bautista Otero und seine Real Compañía Ópera de Cámera hatten nämlich mit Artaserse und Sesostri zwei seiner Opern ausgegraben. Nun entschied sich das Teatro Real in Madrid, Terradellas' Opern 2025 zum Projekt zur Neubelebung des spanischen Kulturerbes hinzuzufügen.

Akademie für Alte Musik Berlin
© Uwe Arens

Heuer mit dritter vollständiger Opernentdeckung, der 1742er Merope (einzelne Arien waren bereits im Umlauf), mit Francesco Corti zusammen mit der Akademie für Alte Musik Berlin, in deren Heimat an der Staatsoper Unter den Linden ebenfalls eine Konzertanz erfolgte. Zugleich erinnerte Corti als Italiener an Terradellas' eigentlichen Lebensmittelpunkt mit Ausbildung, Stil und Wirken in Neapel und Rom. Es ist eine absurd-packende, selbstverständlich zwingend mit dem Happy End von Liebe und Gerechtigkeit ausgestattete Geschichte Meropes, die gut und gerne fünfzig Mal von vielen Zeitgenossen und Vorgängern Terradellas' mit Noten verstofft wurde.

Neben dem Tyrannen und unrechtmäßigen Thronbesteiger Polifonte treibt ein übergroßes Wildschweinmonster sein Unwesen in Messenien, dem griechischen Landstrich, in dem Königin Merope, abgöttisch verehrt von ihrem Metropolbürgermeister Trasimede, seit zehn Jahren Heiratsbedenkzeit zu tiefer Trauer verdammt ist. Denn Polifonte hatte seinen Attentatshandlanger Anassandro mit dem Mord an Mann und Kindern beauftragt. Bei diesem überlebte allerdings Meropes Sohn Epitide, der nach Unterschlupf in Ätolien als eingewanderter Cleone grunzendes wie mit Polifonte immer mit neuen Mordplänen menschliches Ungeheuer bezwingen will.

Ihm gelingt auch zunächst Ersteres, um seine von Polifonte als Pfand und Jägerbelohnung eingekerkerte Geliebte Argia zu befreien. Jene begeht aber – zunächst aus Spaß, dann unter falschgeständigen Anassandro zum Tode opfernden Fake News Polifontes, Merope sei eine Kindsmörderin – den fatalen Fehler, Epitide vor seiner Mutter zu verleugnen, die bei Cleone wiederum vom Schlächter ihres Sohnes ausgeht. Daraufhin soll Trasimede Cleone töten und Anassandro mit dem Odem büßen, danach ist Merope selbst dran, verweigert sie die Hochzeit mit Polifonte. Die will aber eh dahinscheiden, nachdem Argia ihre Identitäsaussage zu Cleone revidierte. Letztlich vereitelt Ätolien-Botschafter Licisco die jeweiligen Tatausführungen, weil Anassandro noch korrektgeständig war, so dass alle vor den Augen Messeniens Volks Polifontes Komplott durchschauen.

Als Messeniens Bürgerschar erhob sich dafür – dieses Überraschungsmoment verfehlt seine Effektivität nicht! – die Akamus selbst mit dem Aufruf „Morte, tiranno!“, während sie als Gestalter Terradellas' fabelhafter Musikschlager und flotter Fantasmen mit Streichern, Basso, Hörnern, Oboen, Traversflöten, Trompeten und knackigen Pauken ohnehin der verlässlich-versierte, aus einem Guss spielende, hellwache Garant war, dessen Abstimmung mit Corti über das Einzel oder Doppel am Cembalo mit Raphael Alpermann sowie dem Kerncontinuo Luise Buchbergers Cellos und Michael Freimuths Chitarrone schlicht hervorragend lief.

Generell bestätigte Corti einmal mehr seine Fähigkeit, mit affekt- und melodiegesteuertem Rhythmus, mit Eleganz, Emphase, Phrasierung und Dynamik, vor allem mit Stimmendetails der Streicher und zudem überlebenswichtiger Rezitativpräsentation, die richtigen Knöpfe zu drücken für berührende wie berauschende, gewohnt einnehmende Dramatik. Solche, die noch so vermeintlich Angestaubtes zu blühendem, plastischem Leben erweckt und Partitur wie Orchester ungemein hebt.

Dem standen die Vokalparts in nichts nach, fand sich mit Sunhae Im nicht nur eine bei der Akamus allseits bekannte Solistenfreundin im Cast, sondern die Sopranistin, die schon bei Oteros Terradellas-Ausgrabungen dabei gewesen war. Auch typisch rollenneckisch, ganz kurz mit eingebautem Pfeifen, besetzt, gab sie das treue, positiv strahlende Liebchen Argia, das – zwar enger – gewandt durch die Arien flitzte, deren schneller „Angst“-Anfall aber erst eine lustige, konterkarierende Seite hatte, um das Unerschütterliche schließlich als Tragik für die beschriebene Handlungswendung zu besitzen.

Von allem betroffener Epitide hatte dafür in Francesca Pia Vitales Sopran geballte – ja in Story über zehn Jahre aufgestaute – Expressivität und tapfere Entschlossenheit, die bei allem Vibrieren nur in erster Bravuraarie zu stilistischen Ausreißern in spitzen Höhen führte, ansonsten in den italobarocken Metapher-Arien-Musts durch die triumphalen und mitleidigen Zustandsregister schäumte, um wuchtig zu fesseln. Das tat – ebenfalls in wohlbekannter und technisch-stimmlich von mir so geschätzter Art – Emőke Baráth als in schreiendem Unglück versunkene, Trasimedes Liebe nicht zulassende, sich mit Mut und Rache Polifonte entgegenstellende Merope, in deren ästhetisch-brillantem wie sicher kontrolliertem Ohrenschmaus es sich fasziniert verlieren ließ.

Selbiges geschah bei Paul-Antoine Bénos-Dijans sehr elegantem, ausgeglichen farbig-voluminösem Countertenor im Schmachten Trasimedes gegenüber Merope, die in Valerio Contaldos Polifonte einen feurigen, vor Perfidieenergie quillenden, wendig-akkuraten Tenor als Gegenspieler und in Margherita Maria Salas Licisco (sowie Thomas Hobbs' etwas bravem, reue- und moralfähigem, lagen- und figurenangenehmem Anassandro) einen temperamentsbolzigen, stets mit Lust und Leichtigkeit, Affekt und Phrasierung beeindruckenden Retter hatte.

*****
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Crítica hecha desde Staatsoper Unter den Linden, Berlín el 25 febrero 2025
Terradellas, Merope
Francesco Corti, Dirección
Akademie für Alte Musik Berlin
Emőke Baráth, Merope
Francesca Pia Vitale, Epitide
Paul-Antoine Bénos-Djian, Trasimede
Valerio Contaldo, Polifonte
Sunhae Im, Argia
Margherita Maria Sala, Licisco
Thomas Hobbs, Anassandro
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