Wenn Grigory Sokolov einen Klavierabend gibt, wie hier in der Kölner Philharmonie, dann hat man den Eindruck, dass er für sich spielt und das Publikum im Saal nur duldet. Und doch ist wohl derzeit kein Pianist so großzügig, was Zugaben anbelangt.
Für die erste Hälfte seines Konzerts hatte Sokolov Stücke des englischen Renaissance-Komponisten William Byrd auf das Programm gesetzt, die für das Virginal gedacht sind: ein Tasteninstrument, auf dem die Töne mit einem Kiel metallisch-zart zu erzeugen sind. Um historisch informierte Aufführungspraxis war es Sokolov aber schon in seiner früheren Beschäftigung mit Rameau, Couperin und Purcell nicht gegangen. Stattdessen transportierte er diese Werke der Alten Musik auf seine eigene Weise in die Gegenwart. Dazu hat er eine repräsentative sechsteilige Auswahl der von Byrd bevorzugten Genres zusammengestellt.
Besondere Aufmerksamkeit widmete er den zahlreichen Trillern, die unter seinen Fingern nicht die Funktion akzidenteller Verzierungen hatten, sondern zu Motiven aufgewertet wurden, welche die Stücke nicht beluden, sondern vorantrieben. Niemals ließ er die Triller hervor prallen, sondern modellierte sie stets, so rasch sie auch zu spielen waren, klanglich ganz sacht in den Fluss der Melodien, die er auf dem modernen Steinway-Flügel wesentlich leichter zum Singen bringen konnte als auf dem Virginal.
Ging es ihm auch nicht darum, einen originalen Klang zu suggerieren, so wollte er keine Alte Musik romantisieren, sondern die Charaktere der Stücke in die Gegenwart tragen. Er ließ die Pavane gravitätisch schreiten, die Galliard dagegen lebendig springen. In den Variationen über das Lied John come kiss me now und Callino casturame verhinderte sein reichlicher Gebrauch des linken Pedals, dass die rhythmisch mitunter widerborstigen Innenstimmen die Melodie übertönten.