Wie weit steht Jacopo Godani in der Tradition von William Forsythe? Letzterer hatte zur Spielzeit 2015/2016 die künstlerische Direktion der Forsythe Company an Godani abgetreten, der vertraglich bis 2018 Werke in Frankfurt und Dresden produziert. Godani selbst ist ehemaliger Forsythe-Tänzer, doch die Kompanie, die jetzt unter seiner Leitung den etwas umständlichen Namen Dresden Frankfurt Dance Company trägt, besteht nicht aus ehemaligen Mitgliedern der Forsythe Company; ihre Tänzerinnen und Tänzer wurden vollkommen neu ausgewählt. Godani geht dabei offen mit seinen Choreographien um, und wen mag es schon stören, dass sie an Forsythes Arbeit anknüpfen? Der energetische Geist, der Forsythes Werke oft auszeichnete, schreibt sich Schritt für Schritt auch in den dreiteiligen Ballettabend ein.
Aber nicht nur mit der mathematischen Präzision des Tanzensembles trumpft Godani auf: Für den ersten Teil konnte er das Ensemble Modern für die Interpretation von Béla Bartóks Streichquartett Nr. 4 gewinnen. Das Ensemble Modern erfreut sich eines sehr großen Renommees, ist in Frankfurt heimisch und auch ab und an an der Oper zu sehen, da war es naheliegend, dass das hochkarätige Musik-Ensemble irgendwann auf das ebenbürtige Tanz-Ensemble trifft. Die Choreographie von Metamorphers hält sich dicht an die Musik von Bartók: Die beunruhigende, unheimliche Nervosität, die Bartóks Quartett verlauten lässt, überträgt sich auf die Tänzer. Dystopisches Schwarmverhalten durchzuckt den Corps. Wechselnd zu Pas de deux und solistischen Partien bleibt dabei die chaotische, bewegungsneurotische Grundstimmung der Gruppe erhalten – nicht unanstrengend. Immer wieder zischen laute Klänge der Streicher auf, quälend gezogen, dann schnelle gezupfte Partien, Staccato. Dabei ist das Quartett (Megumi Kasawa: Viola, Michael M. Kasper: Violoncello, Jagdish Mistry und Diego Ramos Rodríguez: Violine) auf einem erhöhten Podest gut sichtbar. Auch die verstärkenden Kabel der Instrumente sieht man ab und zu in der Bewegung der Musiker hervortreten. Laut, wild, zum Teil auch animalisch gibt die Musik den Ton für die Choreographie an.
Im zweiten Teil, Echoes from a Restless Soul, wird die Stimmung entspannter. Zu zwei Sätzen aus Ravels dreiteiligen Klavierwerk Gaspard de la Nuit – Le Gibet und Ondine – wird getanzt. Das Podest des Quartetts ist verschwunden, dafür steht ein Piano ganz vorne auf der Bühne. Ruslan Bezbrozh streichelt den Flügel, zwei Tänzerinnen und zwei Tänzer den Boden. So chaotisch und hysterisch das erste Stück war, so einlullend schön spielen die Interpreten nun mit ihrem Material. Der Boden schimmert im Wellenlicht, die Tänzer tragen warme, kupferfarben glänzende Trikots und Hosen und auch die klassischen Bewegungen geben das Gefühl von zarter Schönheit. Traumhaft wirken die Pas de deux, die lange Linien, Kurven und Kreise in den Raum zeichnen.