Mit Rachmaninows Drittem Klavierkonzert und Dvořáks Symphonie „Aus der neuen Welt“ ist die Dresdner Philharmonie zur Zeit auf Deutschland-Tournee. Neben den Philharmonien in Berlin und Köln machte das Orchester am Sonntag auch im Münchner Gasteig halt. Mit ihrem Programm versprachen die Musiker ein Konzert voll großer Melodien, das unter der Leitung von Chefdirigent Michael Sanderling und gemeinsam mit dem japanischen Pianisten Nobu Tsujii besonders die klanglichen Details in den Mittelpunkt rückte.
Mit viel Schwung begann das Orchester das Konzert mit Dvořáks Konzertouvertüre Karneval. Sanderling wählte ein angenehm flottes Tempo und verstärkte so die Ausgelassenheit des ersten Themas; trotzdem wurde bereits hier deutlich, dass es ihm auf die Details ankommt. Nach dem wuchtigen Beginn nahm er das Thema dynamisch etwas zurück, um einen flexiblen Klang zu erreichen. Wenngleich sich dadurch die Geiger erst einmal wieder zusammenfinden mussten, entwickelte er den ruhigen Mittelteil dann sehr überlegt und mit größter Ruhe, sodass dieser wie ein Intermezzo zwischen den ausgelassenen Rahmenthemen lag. Mit schwelgerischem, im Klang brillantem Violinsolo, das fast ein wenig an Richard Strauss erinnerte, fand der lyrische Part seinen Höhepunkt, bevor die Musiker im Finale mit sehr kantigem Klang abschlossen.
Wie ein starker Kontrast wirkte da der Beginn des ersten Satzes von Rachmaninows Klavierkonzert, was wohl auch an dem etwas zu ruhigen Tempo lag, das Sanderling wählte. Dennoch schaffte es Sanderling, den sehr dichten Klang strukturiert und transparent zu gestalten, indem er die verschiedenen Soli im Orchesterklang hervorhob. Auch schien die Dresdner Philharmonie nicht auf platt opulenten Klang aus zu sein, sondern legte das Werk mit schlankem, klar definiertem Tonbild an. So wirkte das Intermezzo zwar schwelgerisch, aber nicht überladen.
Pianist Tsujii, der seit Kindheit blind ist, deutete bereits mit dem Eingangsthema an, dass er bei seiner Interpretation auf all zu große Emotionen verzichten wollte. Zwar tut das dem Werk sicherlich gut, dennoch entstand in Verbindung mit dem langsamen Tempo des Orchesters ein etwas behäbiger Eindruck. Dies konnte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, mit welcher Sicherheit und großer Variabilität Tsujii die virtuosen Passagen spielte. So klangen die Läufe in der rechten Hand wie träumerische Erzählungen und die vollen Akkordgriffe wie aufbrausende Statements. Mit seinem feinen Piano ließ er innige Stimmung aufkommen, gab ihm allerdings gleichfalls eine klare Struktur. Dass diese Stellen teilweise vom etwas zu wuchtigen Orchesterklang überlagert wurden, war bedauerlich. Trotz allem beeindruckte die Zusammenarbeit des Orchesters mit dem Solisten. Mit feinem Gespür bewies Tsujii, der sein Repertoire nach Gehör einstudiert, einmal mehr, dass es bei der Musik ums Zuhören geht.