Im Zentrum von Händels Oratorium Messias steht der Chor – hier das Gabrieli Consort unter der Leitung von Paul McCreesh: ein kleines, professionelles Ensemble, das bezüglich Flexibilität, Virtuosität in schnellsten Passagen, Präzision und Diktion alle Laienchöre weit hinter sich lässt. Trotz der geringen Zahl der Singenden ist die stimmliche Homogenität außerordentlich, die Ausgewogenheit der Stimmen ausgezeichnet. Das Klangvolumen des Ensembles ist erstaunlich, ebenso auch das tragende, intensive Pianissimo sowie die differenzierte Gestaltung von Dynamik und Phrasierung. Im Weiteren überzeugten die leichte Artikulation und die lockeren, sicher und präzise vorgetragenen Koloraturen.
Der Leiter des Chors, Paul McCreesh, dirigierte das ganze Werk auswendig; das Oratorium erklang ungekürzt. McCreesh bevorzugte zügige Tempi (speziell für die virtuosen Nummern) und lotete die technischen Fähigkeiten von Chor und Orchester bis an die Grenze aus. Er vermied anderseits auch in den wohlbekannten „Highlights“ jedes Pathos, und in den ruhigen Partien wählte er ein natürliches Zeitmaß ohne übermäßige Süße. Das mochte gelegentlich dazu geführt haben, dass einzelne Passagen (wie z.B. die bekannte Pifa) vorbei waren, bevor man richtig realisiert hatte, dass sie gespielt wurden – ich fand das Konzept des Dirigenten aber durchwegs überzeugend.
Das Fundament und verbindende Glied ist das Orchester, die Gabrieli Players: ein kompaktes, in der Größe ideal bemessenes Orchester mit historischem Instrumentarium (Barockbögen bei den Streichern), erfahren in der barocken Musizierpraxis, leicht artikulierend, mit dem weichen, samtenen Klang von Darmsaiten. Speziell gefiel mir, wie sich die Barockoboen ganz mit dem Orchesterklang mischten, nie dominierten. Auch hier überzeugte die leichte Artikulation bis auf wenige Stellen, an denen McCreesh das Tempo etwas zu stark ausreizte. Die Intonation in Chor und Orchester war makellos, außer anfänglich bei den erst im zweiten Teil hinzutretenden Trompeten, was aber bei der ersten Gelegenheit korrigiert wurde.
Zu den Interpreten, in der Reihenfolge des Auftretens: Der Tenor Stuart Jackson (knapp 30, körperlich ein Hüne) verfügt über eine eher weiche, samtene Stimme, mit angenehmem Timbre, ausgeglichen, tragend, allerdings nicht sehr groß, nicht dominierend, mit guter Diktion. Der Sänger unterstützte seinen Gesang durch lebendige Mimik und Gestik, ohne dabei theatralisch zu übertreiben. Am wenigsten überzeugten mich die Koloraturen und die wenigen freien Kadenzen – eine Fähigkeit, die er sich sicher noch aneignen wird.