Welches war bloß das Zentrum dieses Konzerts bei den Salzburger Festspielen? Mozarts Requiem oder Ligetis Lux aeterna? Es wäre spannend gewesen, wenn man beide mit einander verbunden hätte. Manfred Honeck ließ nämlich das Requiem an der Stelle abrupt enden, wo Mozart zu komponieren aufgehört hatte – nach dem achten Takt im Lacrimosa. Hier unmittelbar Ligetis Lux aeterna folgen zu lassen, hätte Sinn ergeben: nach der aufgewühlten Dramatik des Mozartschen Confutatis und den wenigen Takten der tränenreichen Klage des Lacrimosa, dem finalen Moment in Mozarts Komposition also, plötzlich der einschneidende Übergang zu György Ligetis ruhig fließenden körperlosen Klängen, dem ziellosen Dahinströmen von Klangclustern, die von irgendwoher kommen und irgendwohin wieder verschwinden, einer anscheinend ewigen Polyphonie aus leuchtendem Klang – das hätte ein spirituelles Hörerlebnis werden können!
Leider war das Programm dieses Konzerts aber anders konzipiert. Zwischen Lux aeterna und dem Requiem nämlich abwechselnd als ein Sammelsurium aus kleineren und größeren Kompositionen Mozarts, ergänzt um Gregorianische Choräle sowie einen Brief Mozarts an seinen Vater, Auszügen aus der Offenbarung des Johannes und zwei Gedichten der Lyrikerin Nelly Sachs. Man hatte Mühe, den Sinn des Ganzen auf einen Nenner zu bringen. Außer, dass es sich um den Gedanken „Lux aeterna, lux perpetua” handelte. Oder auch „Memento mori”, also vielleicht ein imaginiertes Requiem für Mozart selbst, der bekanntlich über der Komposition starb? Und der seinem Vater wenige Wochen vor dessen Tod schrieb, er lege sich nie zu Bett, ohne zu bedenken, dass er vielleicht „den nächsten tag nicht mehr seyn” könnte. Martin Schwab las diesen Brief ebenso emotionslos, wie er vielleicht gemeint war, denn tatsächlich war der Tod in jener Zeit den Menschen wohl mehr vertraut als uns heute.
Viermal in diesem Konzert sang das Ensemble Cantatorium aus München Gregorianische Choräle aus dem Off mit ein wenig Hall von fern; da war ein Hauch von Mystik zu spüren, auch als inmitten des Konzerts und vor allem am Schluss dreimal eine Glocke schlug. Der Chor des Bayerischen Rundfunks intonierte höchst sensibel und klangschön Ligetis 16-stimmiges Lux aeterna – wie aus dem Nichts kommend, zuerst leise und zart, in der Mitte anschwellend und zum Schluss hin morendo wieder im Nichts verklingend.