Trotz der Kürze des Themas sind Beethovens 32 Variationen in c-Moll teils anspruchsvoll. Teo Gheorghiu spielte sie gelöst, mit lockerer Hand, die technischen Schwierigkeiten des Werks problemlos meisternd. Es gelang ihm hervorragend, die meist attacca gespielten Variationen 1-27 durch einen gemeinsamen Grundpuls trotz ihrer Diversität als Einheit erscheinen zu lassen.
In den Variationen 28 (semplice)-30 fokussiert der Komponist auf die harmonische Struktur des Themas; erst hier erlaubte sich der Pianist ein freieres Tempo. Sein Spiel war nicht auftrumpfend oder extrovertiert, sondern erfrischend natürlich, sein Anschlag anfangs vielleicht etwas vorsichtig: in den ersten Variationen vermied er übermäßiges marcato und riskierte eher, dass gelegentlich Töne nicht anschlugen. Insgesamt war es aber ein sehr überzeugender Einstieg ins Konzert.
Der Titel „Impromptu“ mag dazu verleiten, die technisch weniger komplexen vier Klavierstücke Op.90 von Schubert auf die musikalisch leichte Schulter zu nehmen, doch meines Erachtens wäre das ein Irrtum, handelt es sich doch um Spätwerke, geschrieben, als der Komponist bereits von Krankheit gezeichnet war. Gheorghiu spielte die Stücke vorwiegend verhalten, harte Konturen vermeidend; so war schon der Eröffnungsakkord im Impromptu in c-Moll eher mf statt ff, die Dynamik im späteren Verlauf gezähmt. Der Pianist artikulierte klar, mit erfreulich wenig Pedal und meist flüssigen Tempi. Es fehlte dem Spiel aber das Gewicht, der Blick in klaffende Abgründe, die latente Verzweiflung; es war mir zu lieblich und etwas zu harmlos, der Mittelteil hätte auch inniger sein können.
Das Impromptu in Ges-Dur ertönte lyrisch, mit sehr guter dynamischer Balance und fließenden, aber nicht aufdringlichen Sextolenketten in der Mittelstimme. Teo Gheorghiu nutzte durchaus Agogik, dennoch fehlte mir auch hier teilweise die Tiefe, die Dramatik. Im Impromptu in As-Dur schließlich überzeugten die wunderbaren Kantilenen, besonders in den Stellen mit Triolenbegleitung. In den äußeren Teilen fallen die merkwürdig durch einen Akzent und eine Pause auf dem letzten Taktteil unterbrochenen Sechzehntelgirlanden auf, und es ist eine pianistische Herausforderung, dabei musikalischen Fluss, rhythmische Kontinuität zu erzeugen. Mir schien dieser Aspekt nicht ganz geglückt: die Girlanden begannen oft leicht gehetzt, dafür wirkten einige Pausen etwas gestelzt.
Nach der Pause, in den Études-Tableaux, Op.33 von Rachmaninow, lief Teo Gheorghiu zu seiner Hochform auf: hier schien er vollends in seinem Element! Es handelt sich um acht technisch hoch anspruchsvolle Stücke von je 2 – 5 Minuten, sehr unterschiedlich in ihrem Charakter. Rein visuell hatte man den Eindruck, dass Gheorghiu diese Werke mit gelöster Hand meisterte, Schwierigkeiten waren ihm eigentlich nie anzumerken. Étude-Tableau Nr. 1 (Allegro non troppo, molto marcato) glänzte mit lockeren Oktaven, nicht kolossal auftrumpfend; mir gefiel der weghuschende Schluss. Nr. 5 (Moderato) beginnt in gespenstischer Stimmung, an Ravels Le gibet aus Gaspard de la nuit erinnernd, nimmt aber nach vier Takten rasch Fahrt auf: ein fast volkstümlich klingendes Werk, aber mit beachtlichen technischen Anforderungen, von Teo Gheorghiu souverän bewältigt, wobei er es schaffte, die in den Mittelstimmen versteckten Melodielinien sehr schön hervorzuheben.