Die Konzerte des Grazer Orchesters Recreation erfreuen sich seit Jahren großer Beliebtheit, und der ausverkaufte Abend mit dem Titel „Russische Weihnacht“ versprach mit zwei absoluten Weihnachtsklassikern auf dem Programm vorweihnachtliche Stimmung fernab von hektischen Christkindlmärkten und Punschständen.
Den Auftakt des Abends bildete Nikolai Rimski-Korsakows Suite zu seiner gleichnamigen Oper Die Nacht vor Weihnachten, in der er den russischen Aberglauben rund um die dunklen Geschehnisse vor diesen besonderen Tagen thematisiert. Das Orchester war gut disponiert, wirkte jedoch nicht immer zu hundert Prozent aufeinander abgestimmt, was besonders in den sanften Pianopassagen auffiel und der Einleitung das winterliche Glitzern raubte. Harfe und Flöten jedoch taten sich in ihren Soli mit filigraner Phrasierung hervor, lieferten konstante Höhepunkte und ließen die funkelnden, fallenden Schneeflocken geradezu sichtbar werden. Mit dem Csárdás, der den Fall der Sternschnuppen symbolisiert, kam der Tanz der Sterne dann richtig in Schwung, und sowohl das Orchester als auch Dirigent Andreas Stoehr, der für die erkrankte südamerikanische Dirigentin Alondra de la Parra eingesprungen war, hatten ihre stärksten Momente im Forte, etwa in der beeindruckend kraftvollen Interpretation des Hexensabbats.
Danach kam das Publikum in den Genuss von Reinhold Glières Harfenkonzert in Es-Dur. Das um 1938 entstandene Werk, dessen Uraufführung erst nach dem zweiten Weltkrieg stattfinden konnte, erinnert in Klangfarben und Harmonik oft an Tschaikowski, fühlte sich Glière doch trotz der Umwälzungen stark der russischen Romantik verpflichtet. Man verbindet dieses Werk zwar vielleicht nicht so sehr mit Weihnachten wie die beiden anderen Programmpunkte, doch dank des grandiosen Harfenisten Emmanuel Ceysson wurde es zum Höhepunkt des Abends. Sein überwältigender Enthusiasmus und die Liebe zur Musik gepaart mit der beeindruckenden Virtuosität seines Spiels waren wahrlich ein Ereignis. Schon im ersten Satz bewies er neben technischer Präzision in schnellen Läufen auch großes Gefühl – der Klang seiner Harfe schien oft glitzernd im Raum zu schweben, besonders in der langen Kadenz.
Ceysson schwelgte richtiggehend in Glières Musik und ließ das Orchester im Vergleich dazu stellenweise matt wirken. Auch das romantische Variationsthema im zweiten Satz kostete der Solist mit scheinbar endloser Leichtigkeit vor allem in den Arpeggien voll aus, während dem Orchester, insbesondere den Streichern, für meinen Geschmack etwas mehr schwelgerischer Pathos nicht geschadet hätte. Erst im dritten Satz, bei lebhaften russischen Volkstanzthemen, schien auch das Orchester in seinem Element angekommen zu sein, denn hier konnte es in raschen Tempi und gewaltigen Crescendi seine Stärken voll ausspielen. Vor allem die Violinen versetzten einen dabei mit großer Spielfreude in die Welt der russischen Folklore und machten durch große dynamische Differenziertheit auf sich aufmerksam. Das Publikum erjubelte sich nach dieser wundervollen solistischen Darbietung noch zwei Zugaben von Emmanuel Ceysson, der darin noch einmal seine ganze Virtuosität zeigte.